Hallo nach Deutschland,

unser Tag startet um 8 Uhr in der Lobby. Da aktuell viele Inder eine Woche Urlaub haben wegen des Diwali Festes sind auf dieser Ecke viele einheimische Touristen in genau dieser Woche unterwegs. Viele davon wollen sich in Jaisalmer auch das Fort angucken. Deswegen müssen wir etwas früher aufstehen um den Besucherströmen zu entgehen … und weil auch der Jain Tempel nur bis 12 Uhr für die Öffentlichkeit begehbar ist.

Unsere Tour startet aber erstmal an einem künstlichen See der im 15 Jahrhundert angelegt wurde um die Wasserversorgung der Stadt zu sichern. Heute werden eher Grundwasser oder sonstige Auffanganlagen genutzt und nicht mehr der See. Sehr wohl wird hier aber noch viel gebetet bzw. Rituale durchgeführt. Aber ein Glück, dass das Wasser in der Hoteldusche nicht aus diesem See kommt. Der voll mit Müll ist und vermutlich ähnlich viele lebende wie tot auf dem Wasser treibende Fische enthält.

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Das Fort ist vor allem durch seine verwinkelten Gassen optisch interessant. Die komplette Außenmauer ist ohne irgendeine Form von Zement errichtet worden. Alle Steine sind genau so bearbeitet worden, dass die perfekt zusammenpassen und kein Klebstoff benötigen.

Auch heute noch leben im Inneren der alten Mauern tausende Leute permanent. Auch wenn der Großteil der Bevölkerung außerhalb wohnt. Den eigentlichen Palast besuchen wir nicht. Stattdessen besuchen wir erst einen alten Jain Temple. Es heißt also wieder Schuhe aus.

Im Inneren ist es fast noch wärmer als draußen. Und das sind am frühen morgen schon knappe 30°C. Das wird eindeutig nicht mein Tag, wenn der länger gehen sollte. Der Tempel hat natürlich nicht im Ansatz die Größe wie der in Ranakpur auch die Gestaltung ist nicht so Aufwändig und präzise. Schön anzusehen ist er trotzdem.

Der Mönch, oder Priester oder was auch immer, hatte scheinbar eine Spende von 2,60 EUR bekommen. Weil er leider aber über keine Bank verfügt hatte er uns gebeten, ob wir da nicht wechseln können. Und ob wir dann nicht auch noch ein wenig Spenden möchten. Und wieder einen Euro Trinkgeld gegeben.

Die ganzen kleinen Gassen der Stadt sind wirklich nett anzusehen. Und überall gibt es wieder tolle kleinen Szenen zu fotografieren. Wirklich Mühe hat man sich früher aber vor allem mit der Gestaltung der Balkone gegeben. Wo wir heute Geländer haben, dort hat man das hier vor Jahrhunderten aus Stein gebaut. Und das sieht meistens ziemlich interessant aus. Man muss also immer mal wieder einen Blick nach oben riskieren.

Die Großen und Mächtigen damals hatten auch entsprechend besonders große Häuser. Diesen waren entweder vom König selbst finanziert, weil es z.B. das Gebäude für den Finanzminister war. Oder es waren die Häuser reicher Händler, der für sich und seine vier Kinder 5 Häuser nebeneinander bauen ließ. Diese „Haveli“ (zu Deutsch „umbauter Platz“) genannten großen Gebäude sind besonders prachtvoll und groß angelegt.

Das erste Haveli, dass wir besuchen, befindet sich immer noch im Besitz der Familie des einstigen Finanzministers. Von dem Geld scheint nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. Man wohnt noch privat in dem Haus, es kann aber ein Zimmer besichtigt werden. In dem Zimmer stehen vor allem Andenken, die man kaufen darf um das Haus zu erhalten. Man freut sich aber auch über Spenden … und schon wieder ein paar Euro Trinkgeld.

Das nächste Haveli wollen wir dann nicht mehr besuchen. Da ist jetzt eine Organisation eingezogen die Frauen hilft Geld zu verdienen in dem man dort deren Produkte kauft.

Und auch das dritte Haveli brauchen wir nur von außen anzusehen, bevor wir sicher auch dort wieder gebeten werden für den Erhalt des Hauses zu spenden.

Damit haben wir schon fast Mittag und schon fast 35 °C. Die Stadtführung ist damit vorbei. Es geht für die heiße Zeit des Tages nochmal ins Hotelzimmer. Um 16 Uhr geht es weiter. Wir reiten auf Kamelen in den Sonnenuntergang … so der Plan.

Und an der Stelle werden wir dann doch noch mal negatives Feedback abgeben. Laut Planung sollte es wirklich eine Kamelritt durch Dünen mit Sonnenuntergang sein. Der lokale Representative sprach auch von Abfahrt 16:30 Uhr. Der Guide, der mit uns letztendlich dann auch raus gefahren ist hat die Zeit aber auf 16 Uhr geändert.

Als wir dann auf den Kamelen saßen hätten wir auch die Option gehabt noch länger auf den Kamelen sitzen zu bleiben, bis die Sonne untergeht. Was dann eine halbe Stunde später der Fall gewesen wäre. Das wäre dann aber eine Verlängerung der Tour gewesen ….

Da ich nicht schon wieder Lust die Diskussion und das mehr an Trinkgeld und so weiter hatte, reichte auch die einfache Fahrt. Denn der einsame Wüstenritt sieht irgendwie anders aus.

Bis zum Kamelritt sind es noch gute 40 Kilometer aus der Stadt raus. Nach ca. 30 Kilometer mehren sich die Wüstencamps. Da stehen dann wirklich relativ viele Zelte in der Wüste, quasi als kleine Hotelzimmer. Von diesen Camps gibt es allerdings jede Menge. Eins neben dem anderen. Und heute war die Straße auch ziemlich voll von Leuten. Das liegt natürlich zusätzlich noch an dieser Woche, in der eben auch die Inder frei haben. Aber eine abgelegene Wüste ist das nicht.

Das ist eigentlich gerade mehr wie so ein Burning Man Festival. In der Wüste ist hier gerade die Hölle los. Überall rennen Kamele mit doofen Touristen rum. Wir haben Einzelkamele bekommen. Vielleicht weil ich zu fett bin. Man sieht aber auch viele Kamele die genau so „gefahren“ werden wie die indischen Motorräder, nämlich mit der kompletten Familie drauf. Die armen Tiere … auch bei meinem Gewicht.

Wer nur ein Kamel mieten will, aber zu viel Gewicht mit zur Party bringt, der kann sich auch einen Anhänger nehmen. Dann kommen alle Leute auf einen kleinen Karren und werden vom Kamel in die Wüste gezogen. Genau die gucken dann schon ein wenig neidisch auf unser Einzelkamel.

Also 20 Minuten Kamel reiten durch die Dünen. Zwischendurch mal absteigen für ein paar Fotos. Dann wieder zurück. Unser Abendessen bekommen wir dann in einem dieser unzähligen Wüstencamps. Weil wir aber eben 30 Minuten früher als der Sonnenuntergang sind, ist unser Tanzprogramm aka. „Cultural Program“ noch nicht fertig. Die Gäste des Camps sind nämlich noch auf den Kamelen unterwegs. Genug Zeit für uns selber noch ein wenig durch die Dünen zu stapfen und Fotos zu machen.

Dann gibt es auf einer kleinen Bühne lokale Gesänge und ein paar Tänze. Das Publikum ist sehr schwierig. Ich muss nach dem Ende jeden Liedes immer mit dem Klatschen beginnen, weil es anscheinend sonst keiner tut. Aber wenn ich erstmal anfange, dann machen die anderen auch mit. Man klatscht hier also grundsätzlich schon noch.

Später beim Essen sitzen zwei Junge Österreicher neben uns am Tisch. Der Verdacht auf „Wiener“ bestätigte sich beim Nachfragen. Das Gericht wäre ja so scharf. Das habe ich dann auch probieren wollen, weil mir alles wieder so europäisiert vor kam und es eindeutig an schärfe fehlte. Aber auch das ach so scharfe Gericht war eigentlich ziemlich harmlos. Aber man hat mir dann noch grüne Chilis gebracht. Damit war es dann ein leckeres indisches Essen.

Beim Essen musste ich dann nochmal den offenkundigen Besitzer oder zumindest Leiter des Camps ansprechen. Er war der erste Inder den ich in kurzen Hosen haben herumlaufen sehen. Außerdem sprach er ein sehr gutes Englisch als er uns begrüßt hatte. Ich musste also nachfragen, ob er längere Zeit außerhalb Indiens gewesen sein. Damit hätte ich recht. Er hat eine ganze weile in den USA gelebt und da ein Camp „for these nasty US children“ zu betreuen. Außerdem liebt er das Reisen. Wir verstanden uns also sehr gut.

Bei der Nachhausefahrt zu unserem Hotel wird einem erst so recht das Ausmaß der Wüstenparty klar. Denn jedes Camp hat jetzt die volle Beleuchtung an. Die Wüste ist kein Stück leer sondern beleuchtet wie eine größere Stadt. Die meisten Camps haben sogar aufwändige Bühnen mit großer Lichtshow installiert, teilweise noch mit Laserlicht. Es dröhnt kräftige Musik aus vielen Lautsprechern und häufig wird großflächig getanzt. Wie gesagt, dass ist mehr eine Partywüste, als ein abgelegener Haufen Sand.

… oder das ist eine Kriegstaktik gegen Pakistan. Die sind von hier aus nämlich keine 40 Kilometer mehr entfernt. Vielleicht nervt man sie nur mit schlechter Musik um sie zum Aufgeben zu zwingen. Die Lage scheint sich nämlich gerader wieder zu verschärfen. Die indische Regierung hat heute die Aufteilung des bisher autonomen Gebietes Jammu & Kaschmir in zwei getrennte Bundesländer unter Steuerung aus Dehli bekannt gegeben.

Morgen kommt auch Angela (Merkel) noch zu Besuch. Da wird sie sicher auch noch Worte für finden.

cheers.
Sebastian

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