Hallo nach Deutschland,

wir haben Pushkar erreicht und unser Zimmer bezogen. Eigentlich hätte wir hier eines der tollsten Hotels der ganzen Tour haben sollen. Doch uns wurde in letzter Minute abgesagt. Anscheinend wegen einer Hochzeit. Das ist hier in Indien definitiv wichtiger als doofe Touristen. Wahrscheinlich ist das Hochzeits-Business der größte inländische Wirtschaftszweig überhaupt. Wer hier nur 100 Gäste hat ist in der Gesellschaft im Grunde nicht existent. Tatsächlich sieht man auch während der Fahrt relativ viele Veranstaltungsorte speziell für Hochzeiten. Viele Läden zu dem Thema. 1000 Gäste wären hier bei Hochzeiten keine Seltenheit wenn die Familie etwas auf sich hält.

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Aber zurück zum Thema. Der Tag beginnt mit dem Frühstück im Hotel. Die gleiche Auswahl wie überall. Das frische Omelette ist immer eine gute Wahl. Milch traue ich ab sofort nicht mehr über den Weg. Nachdem ich weiß, dass die Milch aus den umliegenden Dörfer über kleine Metallkannen in die Stadt gebracht wird. In der Stadt wird die Milch dann anscheinend für ca. 60irR ( 0,75 EUR ) verkauft. Das ist sogar mehr als man in Deutschland als Produzent für den Liter Milch bekommt. Das Spannende ist aber, dass man diese Metallkannen ja schon ein paar mal gesehen hat. Ich hatte mich die letzten Tage schon immer gefragt, was genau diese Metallkannen so sind die hier vor allem seitlich an den Motorrädern hängen, die hier so fleißig durch die Gegend fahren. D.h. das die Milch bei 30°C ( im Schatten ) in Metallkannen durch die Sonne gefahren wird, oder auch auf dem Dach von Bussen. Da scheint es mir nicht so weit her mit der Frische. Selbst wenn die Milch noch vom gleichen Morgen sein sollte.

Zurück zum Thema, es geht um 9h vom Hotel mit unserem Fahrer in die Stadt. Wir sammeln unseren Lebemann-Guide von gestern auf. Wir halten ein wenig später am Palast der Winde. Da hatte ich mich ja gestern noch ausgelassen, dass wir den nicht wie beschrieben gesehen haben. Aber nun dann doch zumindest noch das Foto des Ganzen, sowie ein paar mehr Infos. Mann kann den Palast auch besuchen. Ob das ursprünglich Bestandteil dessen gewesen war, weiß keiner. Wenn, dann steckt sich vielleicht der Guide das Geld ein. Man weiß es nicht, wie das abgerechnet wird.

Während wir wieder zum Auto gehen laufen uns unsere bekannten Windsor- Engländer vom ersten Safari Ausflug wieder über den Weg. Die von denen ich den Namen nicht behalten habe. War ja klar. Die beiden hatten bei ihrer Nachmittagssafari allerdings auch kein Tiger- Glück gehabt. Sie hatte Pech mit der Gesundheit und war nicht mitgefahren und er hatte keine Tiger gesehen. Dafür hatten sie jetzt fast 700 Britische Pfund beim Shopping ausgegeben. Mal sehen wann wir uns wieder sehen (Spoiler).

Es geht weiter. Das eigentliche Ziel heute morgen heißt Amber Fort. Noch bevor es die Stadt Jaipur gab regierte der Herrscher hier aus Amber. Das liegt ca. 11 Kilometer nördlich, weiter in den Bergen. Dort oben auf einem Berg steht eine riesige Palastanlage und zusätzlich eine riesige militärische Burgfestung. Der ganze Komplex ist umgeben von einer 9 Kilometer langen Maueranlage. So etwas wir die chinesische Mauer Indiens. Es hat gute 100 Jahre gebraucht die komplette Anlage zu errichten.

Man kann heute per Auto, per Jeep-Service oder auch per Elefant vom Fuße des Berges hinauf in die Anlage gelangen. Wir hatten uns gegen die Elefanten- Tour entschieden, die hier bei den Touristen natürlich sehr beliebt ist, da auch die Reiseagentur auf die Umstände hingewiesen hat. Die Elefanten tragen hier bei mehr als 30°C die Touristen auf schweren Sitzbänken den Berg hinauf. Aktuell steht wohl auch noch ein Gerichtsverfahren von Tierschützern aus, die dies unterbinden wollen. In der Tat sehen die Elefanten vor Ort deutlich weniger glücklich aus. Und es sind überraschend viele Elefanten die hier fast in einem geschlossenen Kreis den Berg hinauf- und herunterlaufen. Wir kommen gemütlich in unserem Auto an.

Unser Guide und unser Fahrer scheinen sich fast noch darüber zu streiten wie wir jetzt den Berg hinauf kommen. Wenn die beiden Indisch sprechen kommen wir natürlich nicht mehr mit. Aber wenn ich raten sollte, dann hat sich unser Fahrer, den ich vom Mensch als deutlich bodenständiger und weniger schlitzohriger einstufen würde als ich das unserem Guide zutrauen würde, gewundert das wird nicht per Jeep oder Elefant hochfahren. Dieses Misstrauen hat unserem Guide offenbar nicht gefallen und er ist regelrecht laut geworden. Vielleicht mochte er sich keine Fragen von einem Mann einer niederen Kaste anhören? Alles Spekulationen.

Wir kommen oben im Fort an und besichtigen die verschiedenen Räume, die sich in den meisten Herrscher-Tempeln hier wiederholen: Öffentliche Audienzhalle, in der das Volk seine Belange und Probleme äußert; innere Audienzbereich, in dem der Herrscher sich mit seinem Rat trifft; sowie die privaten Zimmer – in diesem Fall Zwölf Bereiche für die Zwölf Frauen, wobei in jedem Bereich eine Treppe aus dem Privatzimmern des Herrschers selber führten. Besonders auffällig im inneren Bereich war der „Spiegelsaal“ im Innenhof. Hier gab es nicht nur einen schön angelegten Garten, sondern eben auch einen Hallenbereich, der komplett über und über besetzt war mit kleinen Spiegel und eingelassenen reflektierenden Silberelementen. Eine wirklich tolle Arbeit und toll anzusehen.

Auch hier gab es natürlich wieder wassergekühlte Bereiche. Wenn es hier im Sommer über 40°C warm wird, dann muss man sich das als Herrscher ja nicht weniger komfortabel machen als es möglich wäre. Auch hier wurde wieder sehr geschickt mit Windschächten gearbeitet um die Temperaturen bestmöglich zu senken.

Und? Wem laufen wir auch hier wieder über den Weg bei der Besichtigung? Unseren beiden Freunden aus der Safari Tour. Diesmal haben wir uns gleich verabredet. Sie sagen Bescheid, wenn sie mal nach Hamburg kommen, wir schreien wenn wir in London zu Besuch sind. Zumindest in den nächsten beiden Städten werden wir wohl nicht aufeinander treffen. Jetzt werden sich unsere Wege wohl erstmal nicht mehr kreuzen. Schade. Zwei wirklich nette Leute.

Unser Guide hat ja seine Kumpels überall. In jedem Abschnitt kennt er gefühlt jeden der hier arbeitet. Offizielle Sicherheitsleute einmal ausgenommen. Mit denen unterhält er sich nicht. Aber wir bekommen dann noch einen Kaffee ausgegeben. Auch der hier ist wieder sehr gut. Eher ein Chai Latte oder so.

Alles gesehen. Genügend Fotos gemacht. Einsteigen, es geht wieder zurück. Kurz vor der Stadt halten wir ein letztes Mal mit unserem Guide am Wasserschloss von Jaipur. Denn wer die Macht hat, der kann sich für die ganz heißen Sommer auch noch ein Schloss in einen See im Tal hineinbauen lassen. Das ist dann viel angenehmer als auf dem trockenen, heißen Berg. Es ist vermutlich nicht hoch genug, dass es dort Nachts viel kühler wird.

Wir verabschieden unseren Guide noch in der Stadt und fahren dann weiter nach Pushkar. Die Stadt hat gerade mal 20.000 reguläre Einwohner. Nach den 5 Millionen Einwohnern von Jaipur natürlich nur ein kleines Dorf. Nach der sehr vollen und hektischen Stadt aber auch eine willkommene Abwechslung.

Auf dem Weg dahin kommen wir durch wieder deutlich ländlicheres Gebiet. Wir fahren mehr über sowas wie Bundesstraßen und keine Autobahnen. Daher ist der Anteil der Traktoren die hier auf den Straßen fahren sehr hoch. Es scheint hier aber auch nur drei Traktorenanbieter mit jeweils eher nur einem Modell zu geben. Der kleinste Anbieter ist der Hersteller Farmtrac in blau. Zumindest sieht man den am seltensten. Dann kommt der rote Massey Ferguson. Den gibt es auch bei uns. Aber vermutlich nicht in der Größe. Quasi 80% aller Traktoren entfallen hier auf Mahindra. Die bauen anscheinend auch Autos, die Geländewagen scheinen von denen auch halbwegs zu laufen. Die Kleinwagen eher nicht so. Den Mahindra Traktor gibt es in der 200er, 300er und 400er Serie auf der Straße zu sehen. Alle sehen eigentlich identisch aus. Vermutlich unterscheiden sie sich nur in der PS Zahl. Vermutlich zwischen 40 und 70 PS. Also nicht wirklich viel und eigentlich kleiner als alles was in Deutschland herumfährt, wenn es sich nicht um Kleintraktoren für den Weinbau handelt oder Rasenmähertraktoren.

Das wichtigste Zubehörteil des Mahindra ist die vermutlich nicht serienmäßige Rundumbeschallung. Jeder zweite bis dritte dieser roten Traktoren hat mindestens rechts, meistens rechts und links vom Fahrer, auf den Plätzen auf denen normalerweise die Mitfahrenden sitzen, zwei vernünftige Audio-Boxen montiert. Diese Gefährte haben es also nicht wie alle anderen nötig permanent zu hupen. Hier wird permanent India-Pop gespielt. Eine spannende Musikrichtung. Immer wenn dir so einer entgegenkommt hat man erst noch das Gefühl das Lied zu kennen und meint es wäre irgendein europäisches Pop Lied. Die haben aber nur die Melodie geklaut und indischen Gesang und indische Pop-Beats drüber gelegt. Und so fährt hier jeder indische Junglandwirt mit Starkbeschallung durch die Gegend.

Wir kommen auch durch eine wichtiges Marmor-Abbaugebiet. Über Kilometer bestehen die Straßenränder entweder aus Marmoranbietern oder aus Transportgesellschaften bzw. Trucker-Treffs. Und hier stehen wirklich jede Menge Indische LKW in der Gegend herum. Einer neben dem nächsten. Unser Fahrer meinte, dass die meisten Fahrer hier immer die Strecken bis nach Mumbai fahren. Das sind ca. 1000 Kilometer. Ein indischer Trucker braucht dafür im Schnitt 5 ganze Tage. LKW dürfen hier nämlich nur 40 km/h schnell fahren. Bei den Zuständen dieser Geräte ist das eine gute Vorschrift. Ausnahmslos alle LKW fahren hier mit konsequenter Mischbereifung auf den Achsen. Nicht ein Reifen entspricht dem anderen. Da hat dann schon mal bei einem dreiachsigen Anhänger die zweite Achse deutlich mehr zu tun als die anderen beiden, weil die Reifen deutlich besser in Schuss sind und deutlich höher. Es gibt auch LKW die mit komplett zerfetzten Reifen auf einer Achse durch die Gegend fahren. Die Polizei scheint das aber nicht zu stören.

Wir kommen in Pushkar an. Wie gesagt ist die Stadt eigentlich eher klein. Bis auf einmal im Jahr, zum Jährlichen Lichterfest ab dem 27.10. Dann gibt es die Pushkar Fair. Diese Mischung aus Jahrmarkt, Messe und auch Kamel- und Rindermarkt ist am Rand des Lichterfests entstanden, dass an diesen Ort viele Pilger zieht. Der Pushkar Lake ist ein großes Heiligtum für die Hindus. Hier kommen jedes Jahr viele Tausende Pilger her um sich selber rein zu waschen und ihren Familien Glück und Segen zu wünschen. Die ersten wichtigen Pilger kamen damals eben nicht mit dem Auto, sondern, weil große Teile Indiens von hier weiter in den Westen Wüstenregionen sind, per Kamel. Sie brachten also ihre Kamele mit. So entstand hier über die Jahre der größte Kamelmarkt der Welt zu dem auch Zehntausende Menschen aus aller Welt anreisen.

Wir haben vor Ort einen Guide der uns einmal durch seine Stadt führt. Es befindet sich noch viel im Aufbau für die Pushkar Fair in 3 Tagen. Dann befindet sich die Stadt Zwölf Tage lang im Ausnahmezustand. Aber viele Kamele sind schon auf den Straßen zu sehen. Es werden noch hunderte mehr in den nächsten Tagen. Den ursprünglichen Grund soll man aber nicht vergessen. Die Pilgerreisen der Gläubigen. Es gibt in der Stadt über 400 Tempel in denen die Gläubigen dann wohnen und Beten. Die Waschung am Pushkarsee wird allerdings von den Brahmanen durchgeführt. Genau so eine Segnung haben wir auch gemacht.

Dazu geht man als erstes in den Brahma-Tempel. Dies ist der einzige Brahma-Tempel in ganz Indien. Als Teil der Segnung nimmt man hier eine Handvoll Blüten mit und tauscht ein Teil der Blüten mit den Tempelblüten. Ganz verstanden habe ich die Intention leider nicht. Das muss ich nochmal genauer lesen. Im Tempel selber bewegt man sich nur auf Socken oder Barfuss. Fotos sind nicht erlaubt. Deswegen schließen wir vorher unsere Sachen in Schließfächer ein, die in irgendeinem privaten Hinterhaus stehen. Das kostet natürlich wieder Trinkgeld. Dafür kommen wir mit geweihten Blumen wieder raus und können jetzt zum Pushkarsee. Der See ist umringt von Treppenstufen die zum See führen. Die Treppen sind gebaut und gestiftet durch verschiedene Herrscher oder Wohlhabende. Auch von einer britischen Queen stammen hier ein paar Stufen.

Am See führen wir dann mit einem Brahmanen dann das Ritual durch um gereinigt zu werden und unseren Familien Glück und Segen zu wünschen. Und das ist auch wirklich eine tolle Erfahrung. Gerade zusammen mit dem Guide. Gerade nach dem letzten Lebemann-Guide, der irgendwie total toll zu Jaipur passte, passt dieser Guide auch total toll in diese spirituelle Stadt und er schafft es wieder einen Glauben an den guten Menschen herzustellen. Es ist hier kein Basar auf dem den Touristen etwas zum Kaufen angeboten werden soll. Er ist ein ehrlicher Mann der uns einfach nur seine Stadt zeigen will. Es ist keine Diskussion über Religionen und Richtig oder Falsch, sondern es ist der Glaube an Karma. In was für einer Form auch immer.

Die Tour ist für heute um. Wir sind zusammen mit unserem Fahrer auf der Suche nach unserem Ersatzhotel. Das weiter draußen liegt. Das liegt bei den Hotels aber vor allem daran, dass es während des heiligen Festes eine Art 3-Meilen Zonen gibt. Direkt in der Stadt wird während des Festes streng vegetarisch gelegt und es gibt keine Zigaretten und kein Alkohol. Außerhalb der Zone bieten die Hotels das auch während des Festes an. Unser Hotel liegt zwar weit draußen, aber später im Restaurant heißt es dann doch, dass es kein Chicken gibt wegen des Festes. Das macht aber gar nichts. Die indische Küche ist auch vegetarisch total klasse. Und das schmeckt! Der übrige Auftritt des Hotels ist irgendwie schräg. Zum einen handelt es sich eigentlich um ein riesiges Gelände mit Themenwelten. Es gibt eine ganze Straße von der sowas wir kleine Dörfer abgehen. Jedes Dorf ist einem Thema gewidmet und hat einen individuellen Eingang. Z.b. das alte Ägypten. Es stehen Pharaonen-Statuten im Eingangsbogen. Wir sind im Dorf altes Griechenland. Dahinter stehen ca. 10 verschiedene Gebäude. Jedes mit Zimmern die in diesem Fall den Namen eines griechischen Gottes tragen. Soweit so gut. Aber der Glanz dieses Baus liegt auch schon mindestens 20 Jahre zurück. Die Holztüren haben von außen einen dicken Riegel an die Wand geschraubt bekommen und ein Vorhängeschloss mit Schlüssel. Von Innen kann man einen anderen Riegel in die Tür schieben. Außerdem scheinen wir im Grunde die einzigen Gäste zu sein. Später im Restaurant treffen wir noch auf eine andere Familie. Mehr Gäste sieht man aber nicht. Aber es ist sauber und das Essen sehr sehr gut. Nicht der Traumpalast. Aber wir kommen gut durch.

Morgen geht es nach Udaipur. Auf dem Weg dahin besichtigen wir noch die Festung Chittorgarh. Insgesamt werden wir morgen ca. 8 Stunden im Auto verbringen und zwischendrin die Festung besuchen. Es heißt also wieder pünktlich aufstehen.

cheers.
Sebastian

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