Hallo nach Deutschland,

der fünfte Tag in Indien ist absolviert. Es gibt bisher noch keinen Verdauungs-Zwischenfall. Mal gucken ob das noch zwei weitere Wochen anhält. Unsere Sightseeing- und Endstation heute heißt Jaipur. Jaipur ist die Hauptstadt des „Bundeslandes“ Rajasthan und hat ca. 5 Millionen Einwohner. Die Zahlen sind hier in Indien nie so genau bei sowas.

„Die Stadt wurde am 17. November 1727 von Maharadscha Jai Singh II. (1686–1743) als neue Hauptstadt des Fürstenstaates Jaipur gegründet und nach den Lehren der Shilpa Shastra erbaut. Sie gehört damit zu Rajasthans jüngeren Städten. Jaipur wird wegen der einheitlich rosaroten Farbe der Gebäude im Altstadtviertel „Pink City“ („rosa Stadt“) genannt. Den Anstrich erhielt sie 1876 in Vorbereitung auf den Besuch von Kronprinz Albert Eduard, Prince of Wales. Rosarot ist Rajasthans traditionelle Farbe der Gastlichkeit.“ [Quelle, Wikipedia]

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Wenn wir in eine neue Stadt fahren, dann ist dort normalerweise auch ein neuer „Representative“ für uns zuständig. Den holen wir dann immer erst ab. Dann checkt man im Hotel ein. Dann trifft man den Guide für die Stadt und fährt dann erst los. Bis dahin ist man schon mal 10 EUR an Trinkgeld los, weil man hier 10 Jobs pro Stadt bezahlt und sichert. Jeder ist super nett. Jeder will ja auch Trinkgeld. Das ist natürlich auf der einen Seite sehr nett, weil man immer wohl umsorgt wird. Auf der anderen Seite ist das aber auch ein bischen viel des Guten und etwas umständlich. Muss das denn sein? Man meint es ja nur gut. Und Arbeitskraft kostet hier halt nichts. Da kann man für alles jemanden neuen einstellen.

Heute haben wir das aber nicht. Irgendwie klärt unserer Fahrer die ganze Zeit was mit dem Veranstalter. Infomieren tut uns dann erst der Guide. Den treffen wir mitten in der City. Von jetzt auf gleich bitte alle aus dem Auto. Die Führung geht los. Denn wir machen jetzt die Führung in der Stadt. Ursprünglich hätten wir erst zum Amber Fort fahren sollen. Weil es gerade aber viel Verkehr gibt, unser Hotel in der falschen Richtung liegt und das dann ein Hin und Her wäre, gibt es erst die Stadtführung und erst morgen die Besichtigung des Forts. Uns soll es Recht sein.

Normalerweise sollen wir in der Stadt den City Palace, das Observatorium (Jantar Mantar) und den „Palast der Winde“ (Hawa Mahal) besichtigen. Aber da hat unser lieber Guide eine andere Vorstellung. Er ist da vielleicht mehr der Lebemann. Und eigentlich ist das auch eine gute Art Jaipur kennen zu lernen.

Das Jantar Mantar ist kein Obersvatorium sondern eine Sammlung von astronomischen Instrumenten. So wie die größte Sonnenuhr der Welt. Und tatsächlich lässt sich die Uhrzeit für die Stadt Jaipur ( nicht die gemittelte aktuelle Zeitzone von Indien ) auf die Minute genau ablesen. Die kleine Sonnenuhr soll auf 26 Sekunden genau sein. Die größte Sonnenuhr soll auf 2 Sekunden präzise sein. Das Jantar Mantar in Jaipur ist eine von fünf Sternwarten die Maharadscha Jai Singh II. zwischen 1724 und 1734 in Delhi, Ujjain, Mathura, Varanasi und Jaipur errichten ließ. Dafür das diese Bauten fast 300 Jahre alt sind, ist das eine erstaunliche Präzision.

Im Grunde fliegen wir mit unserem Guide aber nur so durch das Ganze hindurch. Ein paar Sätze zu dem Teil. Was kann es. Wie geht es. Und es ist das Größte der Welt. Zwischendurch müssen wir noch mal posieren, er macht gerne Selfies mit seinen Gästen. „Dahinten über der Mauer seht ihr auch schon den Palast der Winde, könnt ihr von hier fotografieren. Hattet ihr eine Pause? Dann geb ich euch jetzt noch einen Kaffee aus, wir setzen uns da drüben mal in den Schatten.“ Er holt sich erstmal eine belegtes Brötchen ( genauer das Indische Äquivalent dazu, dessen Namen ich nur nicht weiß ), spricht noch ein wenig mit seinen Kumpels und bringt uns aber noch eine Cola mit.

Genau so geht es eigentlich mit dem City Palast eine Ecke weiter. Das ist aber eigentlich auch gar nicht schlimm. Wir haben trotzdem alles gesehen und er hat auch jede Menge erzählt. Nur eben im Schnelldurchlauf und ohne den langweiligen Teil. Er kommt mit den Highlights. Er macht auch deutsche Führungen. Man muss also aufpassen was man sagt. Das hilft aber auch wenn er dir die richtigen Tipps gibt. Auf der Straße wird man häufig gebeten ein Foto von den Leuten zu machen. Gerade junge Männer finden das irgendwie toll, fotografiert zu werden. Wenn das aber die Wachen im Palast machen, dann wollen die Geld haben. Das kann dir der Guide in letzter Sekunde noch schnell auf Deutsch sagen, ohne das die das mitbekommen. Danke Guide.

In den Hallen oder Höfen erzählt er erst die wichtigen Facts. Dann lässt er uns nochmal Zeit zum fotografieren und sagt wo wir ihn finden. Nach der letzten Runde finden wir ihn in der Gruppe von Musiker sitzen die hier eher um etwas Kleingeld spielen. Er sitzt neben den Herren die er ganz offensichtlich kennt und singt dabei laut für alle und spielt die indische Version eines Akkordeons.

Er bekommt natürlich Applaus als er fertig war. Auch wenn das nicht mein Geschmack ist. Aber technisch kann er zumindest singen. Er macht uns noch kurz mit der Band bekannt. Der eine war auch schon mal in Deutschland und ist in Stuttgart aufgetreten. Musik wäre seine Leidenschaft meinte unser Guide. Er ist auch auf YouTube (ich hab den Channel jetzt nicht recherchiert und hier verlinkt, vielleicht frag ich ihn morgen mal).

Dann kommt der werbliche Teil. Das wäre ja nicht seine Idee, das schriebt ja die Company vor. Also geht es erstmal in ein Teppich-Kollektiv. Da wird dir erstmal vorgeführt wie Teppiche hergestellt werden. Und wie Druckverfahren für Schals funktionieren. Man bekommt noch einen kleinen gedruckten Fetzen mit. Das bekommt natürlich nicht jeder. Da ist der Druckmeister wohl ganz besonders gut gelaunt … ja, ist klar. Weil wir da schon durch die schlimmen Erfahrungen in Marrakesch durch sind, bei denen man auch eher unwissentlich in solche Fallen getappt ist, hat man hier schon eine gewisse Grundabneigung gegen diese Veranstaltung. Aber hier ist das bei weitem nicht so schlimm. Man kann sich ganz nett mit den Jungs unterhalten und Fragen werden fleißig beantwortet. Natürlich gibts auch dann die Verkaufsshow. Und man landet in einem der mindestens sechs Verkaufsräumen in denen dann zu deinen Füßen die ganzen tollen Teppiche ausgerollt werden. Nochmal drehen, die haben so einen tollen Effekt und fühlen sie doch mal …

… aber ein offenes „tolle Arbeit, aber wir werden leider nichts kaufen, weil wollen wir nicht“ ist man nicht sofort beleidigt wie in Marrakesch. „Alles total in Ordnung. Keiner wird hier irgendwie gedrängt. Hauptsache ihr fühlt euch wohl. Wenn ihr doch etwas seht was ihr gut findet einfach was sagen.“ Dann noch ein nachfragendes „Und ihr seid sicher?“, dass dann einfach lächelnd bejaht wird und schon ist alles gut und die Welt immer noch in Ordnung. So man das wirklich mal machen.

Und weil das so toll war geht es dann nochmal in einen Schuppen der das gleiche für Edelsteine macht. Dafür wäre die Stadt ja bekannt. Unser Guide sitzt so lange mit seinen Jungs vor der Tür und macht sich keine Arbeit. Und da die so toll erklären nimmt man ja auch ein wenig mit. Also eigentlich alles gut. Auch wenn ich dafür eigentlich keinen Guide bezahle. Da hat sich der Guide in Delhi seinen Tag härter verdient. Aber auch da geht der Guide offen mit um: „Lasst euch das von den erklären wie das geht, die machen das besser als ich. Das gehört mit zu der Stadt dazu was hier hergestellt wird und wenn ihr nichts kaufen wollt ist das für alle völlig ok. Keiner soll sich gezwungen fühlen, nehmt das einfach mit.“

Dann gehen wir aber nochmal in die Nebenstraßen der Stadt. Hier sieht man jetzt gar kein Europäisches Gesicht mehr. Das war in den Verkaufshallen der Juweliere irgendwie noch anders. Da hingen die Verkäufer auch an den Lippen der Frauen. Die sonst durch die Guides eher weniger Beachtung finden. Es wird immer auf den Mann gewartet und es wird fast immer primär der Mann angesprochen.

Jetzt geht es nochmal durch die lokalen Einkaufstraßen. Und tatsächlich ist das natürlich eine netter Erfahrung, gerade wenn ein Local mit dir durch die Straßen läuft. Man(n) scheint hier wirklich nichts fürchten zu müssen. Vielleicht außer einem Unfalltod wenn man nicht auf die Roller aufpasst. Trotzdem beruhigt es für die erste Runde da einen Local im Nacken zu haben. Und das gibt dann auch tolle Bilder aus dem wahren Leben. Wir bekommen noch einen Espresso von unserem Guide ausgegeben – natürlich erhofft er sich da ein netteres Trinkgeld von – aber zumindest verkauft er seine Haltung „Ich will euch die ganze Stadt zeigen und dazu gehört vor allem auch der lokale Markt und die Straßen“ ziemlich glaubhaft. Wenn er singt oder eben mit dir an der Straßenecke einen Espresso trinkt. Das scheint mehr ein Milchkaffee zu sein, aber er ist verdammt lecker. Sodass sogar ich gerne noch mal so einen haben möchte.

Das Navigieren durch die kleinen Gassen fällt mir persönlich relativ leicht. Es ist zwar unglaublich viel los, aber alles ist mindestens 1,5 Köpfe kleiner als ich und meine Aussicht daher sehr gut. Mich kann man auch nicht so leicht herumschubsen. Aber es hilft für eine schnellere Fortbewegung sich auch einfach etwas rücksichtsloser durch die Massen zu bewegen. Einfach los laufen. Das gilt manchmal auch bei dem Verkehr auf den großen Straßen. Natürlich geht dann das Hupkonzert los. Aber auch das gehört ohnehin mit dazu.

Während wir noch ein paar Fotos machen, geht er nochmal schön einkaufen. Wir haben Bilder und er drei Einkaufstüten als wir wieder ins Auto steigen. Ist doch ein fairer Deal irgendwo.

Damit sind wir heute ziemlich zeitig in unserem Hotel. Das macht von außen auf den ersten Blick nicht viel her und eine Google Bewertung von nur 3,9 reißt nicht vom Hocker, aber Drinnen – top! Zur Begrüßung gibt es erstmal einen Fruchtsaft in die Hand gedrückt. Dann gibt es auch noch einen Blumenkranz aus Targetes um den Hals gehängt. Das gabs auch schon bei unserem Representative am Flughafen. Und dann gabs noch einen roten Punkt bzw. einen roten Strich inkl. Reiskörner auf die Stirn durch den Empfangschef. Man kommt sich schon wieder vor wie ein VIP Gast. Das Gepäck wird auf das Zimmer getragen, ohne, dass der Träger vor der Tür stehen bleibt und auf das Trinkgeld wartet. Das kann so weiter gehen.

Für uns geht es aber erstmal weiter in die Stadt. Wir probieren nochmal eine Fahrt mit dem Tuk Tuk aus und gehen auf eigene Faust in der Stadt essen. An der Rezeption hilft man uns nochmal aus. Preise werden verhandelt. Je nach Strecke zahlt man zwischen 100 und 300 Rupien. Also zwischen einem und vier Euro. Ins Stadtzentrum liegt der Preis bei ca. 200 Rupien. Beim ersten mal verhandele ich immer noch zu vorsichtig auf 250 iR. Die Fahrt in diesen Leichtgewichten ist abenteuerlich. Bloß alle Arme und Beine drinnen lassen. Ansonsten werden die durch den Verkehr abgefahren. Aufrecht sitzen klappt gerade noch so. Aber dann sieht man nicht viel. Wir kommen an. Drehen noch eine kleine Runde durch die Gassen und gehen dann im Peacock Rooftop Restaurant essen. Wieder eine Reiseführer Empfehlung, aber eine gute. Auch wenn man hier vor allem natürlich europäische Touristen mit den gleichen Reiseführern findet, so ist das Essen seeehr gut und die Bedienungen nicht so aufdringlich und überfürsorglich wie anderswo.

Die Rückfahrt mit dem Tuk Tuk wird mit 200 iR schon besser verhandelt.

cheers.
Sebastian

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