Hallo nach Deutschland,
oh man, wie die Zeit schon wieder vergeht. Es ist bereits der achte Tag hier in Indien. Das gute daran ist, dass Meiste liegt noch vor uns. Hier in Indien ist heute das Lichterfest: Diwali „ist ein bedeutendes mehrtägiges hinduistisches Fest in Indien, Sri Lanka und Nepal und in anderen vom Hinduismus geprägten Ländern, zum Beispiel in Mauritius, Suriname, Fidschi, Trinidad und Tobago, Singapur sowie in Südafrika und der indischen Diaspora. Das Fest kann auf Grund seiner spirituellen sowie sozialen Bedeutung und seines fröhlichen Charakters mit Weihnachten verglichen werden, und die Nacht mit Silvester[1]. In Nordindien ist Diwali gleichzeitig der Neujahrstag.“ (Wikipedia).
Das fasst es eigentlich schon ziemlich gut zusammen. Besonders der Vergleich mit Weihnachten. Heute morgen treffen wir am Hotel unseren Guide. Ein sehr aufgeräumter Inder. Das passt gar nicht zu den sonstigen überdrehten Leuten hier. Mit ihm fahren wir in die Innenstadt. Auf dem Weg dahin staut es sich in der kompletten Innenstadt. Links und Rechts der Straßen finden sich kleine Stände über Stände. Die meisten davon verkaufen heute Blumen, Blumenkränze, Zuckerrohr oder irgendwelche anderen Kleinigkeiten die heute zur Dekoration von Haus und Hof dazu gehören.
Fahrbahnmarkierungen gibt es hier nicht wirklich. Alos auch links und rechts an der Straßen keine weißen Streifen die anzeigen, dass dort die Fahrbahn oder Fahrspur aufhört. Heute werden aber um viele Häuser auf der Straße weiße und rosa Linien aus Farbpulver gezogen. Die rosa Farbe heißt jemanden willkommen.
Wir fahren aber als erstes zum City Palace. Dem Palast des Herrschers. Der erste Bau wurde 1553 unter Maharadscha Udai Singh II begonnen. Nach ihm haben viele seiner Nachfolger über 400 Jahre den Palast immer wieder angepasst und erweitert. Bis heute wohnt das Herrschergeschlecht in dem Palast. Damit ist die Blutlinien dieser Könige gleichzeitig die am weitest zurückreichende amtierende Königsfamilie Indiens. Heute besteht der Palast aus zwei Hotels, einem Museumsbereich sowie dem eigentlichen Königshaus. Letzteres es natürlich nicht zugänglich. Ein Teil des Museeumsbereichs und eines der Hotels ist z.B. Teil des 1983 James Bond „Octopussy“. Natürlich verweist hier jeder gerne darauf.
Doch bevor wir die Führung durch den Stadtpalast starten besuchen wir den Jagdish Temple. Dieser Hindu Tempel stammt aus dem Jahr 1651. Mit knapp 40 Metern ist er der größte Hindu Tempel in Udaipur. Heute dränge sich natürlich nicht nur die Touristen durch den Tempel, sondern auch die Einheimischen, die hier heute am Lichterfest beten und danksagen wollen.
Maharadscha Udai Singh II hatte den Herrschersitz hierher verlegt aus Chittorgarh, der Festung die wie noch zuvor besichtigt hatten. Die Kriege hatten sich zu dieser Zeit geändert. Die einfallenden Muslime rückten zwar mit einer zahlenmäßig 1:5 unterlegenen Armee an. Doch sie hatten die ersten Kanonen. Damit ließe sich eine Festung gut einnehmen, die von allen Seiten gut zugänglich war. Die neu gegründete Stadt Udaipur dagegen lag von Bergen umgeben in der Mitte von flachen Land. Alle Angreifer mussten erst durch die Berge. Und das taten sie meist durch Täler. Diese Täler ließen sich gut verteidigen, da eine große Armee nicht ihre volle Zahl oder Kanonen ausspielen konnte.
Ähnlich ist auch das Innere des Palastes aufgebaut. Die übrigen Paläste waren immer großzügig geschnitten. Tore waren immer brachtbauten, Türen immer großzügig verziert und groß angelegt. Nicht so die Türen und Gänge innerhalb des Palastes. Alle türen sind häufig sehr klein und teilweise auch sehr schmal. Selbst zu der Zeit mussten sich die Menschen an den Stellen sicher verbiegen um sich durch den Palast zu bewegen. Da stellt euch mal vor, wie sehr ich mich da durch die Gänge gekrüppelt habe. Für den Fall, dass ein Angreifer tatsächlich so weit kommt, fällt es viel leichter so einen Bau zu verteidigen. Der Feind kann immer nur einzeln durch die Türen gelangen. Wenn er überhaupt mit einer dicken Rüstung durch passt.
Unser heutiger Guide ist großartig. Der beste den wir bisher hatten. Er ist wirklich nicht so übereifrig sondern sehr eloquent und sachlich. Er erzählt immer viel über die Hintergründe und nicht sich viel Zeit. Sehr höflich zu allen … das „Happy Diwali“ haben wir heute von ihm. Das ich mich so gut mit ihn verstehe könnte daran liegen, dass er eigentlich studierter Mathematiker und Physiker ist. Dann musste ich natürlich nachfragen, wie er dann hier gelandet ist und Touristen herumführt. Seine Eltern hätten das Studium bezahlt. Kamen dann aber irgendwann mit der freundlichen Aussage: „So, jetzt bist du ein Mann“. Er meinte dann mit einem Lächeln, dass wäre dann die freundliche Ansage gewesen: „Such die einen Job.“ Spontan hätte er in dem Feld nichts gefunden. Er hätte gerne etwas im Bereich Ökonomie und Ecologie gemacht. Er meinte es gibt so viele Fälle in Indien von ökologischer Misswirtschaft und keiner weiß darüber so wirklich aktiv Bescheid. Aber es gab damals nicht. Man suchte Leute im Tourismus die Führungen machen. Er hatet sich beworben. Man hatte ihne genommen und nun wäre er eben in diesem Job. Es sei ein guter Job. Das glaube ich ihm auch. Aber er freut sich auch, dass wir wirklich interessiert sind. Das man ein Gespräch führen kann. Die meisten Touristen sprächen schlechteres Englisch oder die interessierten sich nicht und passten nicht auf. Das muss auch frustrierend am Job sein.
Während der Führung durch den Palast bekam er einen Anruf. Die Reise-Agentur hätte heute Abend etwas für uns geplant. Wir sollten uns jetzt um 17:30 Uhr in der Lobby des Hotels einfinden. Nun beeilte er sich ein wenig mehr. Bisher hatte er sehr ruhig und gewissenhaft durch jeden Raum geführt. Er macht zwar Stopps für die klassischen Touristen Fotos, aber er macht vor allem Halt an den Unscheinbareren Sachen, anhand derer er aber die gesamte Geschichte erzählte.
Die Führung durch den Königinnenpalast machte er nun deutlich kürzer. Wir sollten noch das Boot um 12 Uhr bekommen. Nach der Führung durch den Palast stand nämlich noch eine Bootstour über den See an. Der City Palast steht nämlich direkt an einem der insgesamt 15 Seen die direkt in oder um Udaiour liegen. Alle Seen sind künstlich angelegt. Teilweise bereits zur gleichen Zeit wir der Palast selber, also schon über 400 Jahre alt. In die kleinen Täler wurden Dämme errichtet. Das Regenwasser der Monsunzeit staut sich also in den Seen und bildet so ein ganzjährig stehendes Gewässer die die Wasserversorgung der Stadt auch heute noch sichern.
In der Mitte des Sees direkt am Stadtpalast befindet sich noch die „Lustinsel“ der damaligen Herrscher. Ein kleiner Sommerpalast auf dem Wasser. Das damals wir heute per Boot angefahren wird. Heute befindet sich ein kleines Hotel und ein Cafe auf der Insel. So haben auch wir einen Cafe getrunken, sind einmal durch den Garten gewandert und haben dann wieder das nächste Boot zurück genommen. Man kann die Insel aber auch für Feiern mieten.
Wir fahren weiter. Nächster Halt ist der Botanische Garten im Inneren der Stadt. Der Garten ist nur zur Erheiterung der Könige angelegt worden. Einfache Bürger haben erst in den 1950er Jahren Zutritt bekommen. Vorher wurde der Garten vor allem wieder von den Damen des Hofes genutzt. Besonders interessant hieran sind die Fontänen. Sie funktionieren seid gut 350 Jahren auf die gleiche Weise. Es führen Rohre zum nahegelegenen Staudamm, der ebenfalls so alt ist. Das aufgestaute Wasser sorgt für den entsprechenden Wasserdruck, der bis in den Garten transportiert wird, um hier in vier verschiedenen Bereichen Wasser auf verschiedenen Statuen und Figuren schießen zu lassen. Ganz der Physiker erklärt und natürlich der Guide auch hier die Besonderheiten, dass das Wasser durch im inneren hohle Säulen läuft.
Weil wir noch mal nach einem vertrauenswürdigen Textilhändler gefragt haben gucken wir uns dort in der Nähe nochmal nach ein paar Mitbringseln um. Wichtiger Grundsatz: Ein gutes Geschäft fängt immer auch mit einem Kaffee an. Das muss man also annehmen.
Wir wissen aber immer noch nicht, was die Reiseagentur geplant hat. Eigentlich hätte wir eine Bootstour im Sonnenuntergang haben sollen. Da der Himmel aber komplett bedeckt ist, wäre das sicher eh keine sehr spannende Veranstaltung gewesen. So werden wir erstmal wieder zurück zum Hotel gefahren und haben noch etwas Zeit uns frisch zu machen. Um 17:30 Uhr soll es entsprechend weiter gehen.
Um 17:32 Uhr stehen wir in der Lobby bereit. Wir werden von unserem Fahrer in Empfang genommen. Unser lokaler Ansprechpartner, den wir gestern schon nicht beim Einchecken gesehen haben, weil er sich verspätete ist auch heute noch nicht da. Nicht das es wichtig wäre. Es fällt nur zwischen den ansonsten so übermotivierten Kollegen auf. Mit ihm zusammen fahren wir durch die Stadt und werden irgendwann vor einem Haus abgesetzt. Immer noch nicht wissend was hier eigentlich passieren wird.
Wie oben schon beschrieben ist das Diwali eines der wichtigsten Fest in Indien. Je nach Region wird es hier 2 bis 10 Tage lang gefeiert. Die Hindus haben verschiedene Glaubensschwerpunkte, je nachdem welchem Gott sie nahe stehen. Interessanterweise legen unterschiedliche Glaubensrichtungen die Herkunft des Festes unterschiedlich aus. Aber alle feiern es.
Wir feiern heute dieses so sehr wichtige Fest bei einer Familie zu Hause. Wir werden sofort sehr lieb aufgenommen. Mit uns warten noch zwei andere Gäste im Wohnzimmer der Familie. Die beiden kommen aus Chile und genießen jetzt ihren Ruhestand. Er hat lange Zeit quer durch Südamerika für Philipps gearbeitet. Quasi meine alte Konkurrenz …
Die beiden wussten aber ganz offensichtlich was sie erwartet. Sie waren viel besser angezogen als ich. Hätte ich gewusst, dass ich bei einer anderen Familie Weihnachten feiere, dann hätte ich mir mehr als eine Jeans und ein T-Shirt angezogen. Ließ sich ja nicht ändern.
Werden in der Küche mit einer großen Auswahl an lokalen Snacks von salzig über scharf bis süß angefüttert. Es kümmert sich vor allem die Dame des Hauses um uns, bis auch ihr Mann dazu stößt. Er ist bei der Regierung angestellt als Verantwortlicher für „Consumer Care“. Also sowas wie ein Ministerium für Verbraucherschutz. Der ältere Sohn arbeitet im Hotelwesen in der Rezeption. Der jüngere Sohn studiert Architektur in Jaipur. Beide stoßen ebenfalls später dazu. Sie gibt auch Kochkurse bei sich im Haus und zu Diwali lädt sie eben auch Fremde zu sich nach Hause ein.
Es stoßen später noch Terry und Pretty zu uns. Die beiden kommen eigentlich aus Toronto leben aber jetzt in Kanada. Prettys Eltern kommen aus Indien. Für sie ist es aber die erste Indienreise seid sie 5 Jahre alt war. Es ist eine sehr nette Runde in der wir uns im Wohnzimmer zusammen unterhalten.
Ein wenig später kommen noch drei Amerikanerinnen dazu. Die es in ihren thailändischen Saris irgendwie nicht in unseren Inner-Circle schaffen und später auch wieder die ersten sind die gehen.
Denn inzwischen hat sich die Familie im Wohnzimmer zusammengefunden zusammen mit einem Brahmanen, also einem Hindu- Priester. Den Wortlaut verstehen wir nicht, aber alle zusammen wohnen wir einem Diwali-Ritual bei. Das dauert etwas über eine Stunde. Dabei sitzen der Mann und seine Frau neben dem Priester im Wohnzimmer vor einem gebauten Altar. Ein kleines Tischchen ist mit Deckenausgelegt. Ein paar Kerzen und Bilder von Vishnu, der hinduistischen Göttin der Erhaltung, und viel Zubehör. Während der Zeremonie wird vieles symbolisch geopfert. Viele Früchte, viel Reis. Sehr viel Reis überall auf dem Fußboden. Viele Blumen und heiliges Wasser. Der Priester kommt auch noch bei allem im Raum rum und jeder bekommt eine kleine Segnung. Entsprechend einen roten Punkt oder Strich auf die Stirn, dazu ein paar Reiskörner die in diesen Punkt geklebt werden. Außerdem ein kleines Armband aus bunter Wolle.
Inzwischen sind auch die Mütter der beiden, sowie die beiden Söhne mit anwesend. Die beiden Söhne und der Mann könnten genau so gut irgendwo in Europa oder Amerika leben. Auch wenn der Mann meinte, sie gehörten zur indischen Mittelschicht, so wird das schon das obere Ende der Mittelschicht sein, zumindest im Vergleich zu dem was man auf der Straße sieht.
Nach dem Ritual geht es für alle vor die Tür. Wunderkerzen und Feuerwerk. Jeder bekommt einen oder mehrere kleine Tontöpfe mit einem Docht und etwas Öl. Diese kleinen Öllampen werden angezündet und rund um das Haus aufgestellt. Dann darf jeder ein paar Wunderkerzen anzünden. Dazu gibt es ein paar Raketen und kleine Feuervulkane. Ganz wie Silvester bei uns. Gleiches tut die ganze Stadt. Schon seid ein paar Tagen hört man immer wieder Böller und sieht schon vereinzelt Raketen am Himmel.
Zum Abschluss gibt es noch Essen auf der Dachterrasse. Der ältere Sohn isst mit uns. Die Frau sitzt ebenfalls bei uns und füllt fleißig ständig nach. Aber der Mann, der andere Sohn und die auch später noch dazu gekommenen an deren Verwandten bleiben unten im Wohnzimmer. Trotzdem gibt es spannenden Unterhaltungen über die Hotelbranche in Indien, den Internetausbau ( Mobiler Internetzugang kostet gerade mal 3 EUR ) Netflix Serien; und ein großartiges Panorama der Stadt. Die drei Amerikanerinnen essen nicht mehr mit uns.
Wir verabschieden uns gegen 22 Uhr mit den anderen Gästen die alle per Fahrer hier sind. Da ist sie wieder die Zweiklassengesellschaft.
Auch wenn wir einen Fahrer vor der Tür haben so ist das doch genau die Art von Begegnungen die man sich bei solchen Reisen wünscht. Sich mit anderen Leute auszutauschen und das sogar am indischen Weihnachten bei denen zu Hause. Das ist wirklich toll. In Deutschland würde sowas vermutlich keiner machen. Zumindest wüsste ich nicht, dass es ein solches Angebot auch bei uns gibt. Muss man vielleicht mal anfangen.
Toller Tag.
cheers,
Sebastian
1 thought on “ Tag 8 – Happy Diwali ”