gefahrene Kilometer heute: 355.35km
gefahrene Kilometer gesamt: 358.35km
Hallo und Humppa nach Deutschland,
eigentlich ist das ja unser erster Tag der Tour. Heute morgen haben wir im Zug deutschen Boden verlassen und sind in Österreich eingefallen. Mitbekommen haben wir davon nicht viel. Der Schlafwagen war vom Bett her doch besser als gedacht. Wirklich gut geschlafen habe ich zwar nicht, dafür war das Schlafen beim Fahren zu ungewöhnlich, aber man hätte es deutlich schlechter treffen können.
Die 50 Minuten Verspätung haben wir nicht mehr aufgeholt und waren daher kurz nach 9 Uhr am Wiener Hauptbahnhof. Das Entladen der Motorräder ging deutlich schneller als das beladen. Binnen weniger Minuten waren die Bikes von der Bebänderung befreit und wir konnten auch schon vom Wagon rollen.
Weil ich da ja immer noch das kleine Problem mit meinem fehlenden Fahrzeugschein für das Motorrad habe, habe ich versucht im deutschen Konsulat in Wien anzurufen. Die Dame an der Telefonzentrale konnte nicht weiterhelfen. Hat mir aber die Telefonnummer des Fachkollegen gegeben. Der ging dann aber nicht ans Telefon. Da es bei dem ein oder anderen Versuch allerdings ein Besetztzeichen gab, musst er da sein. Also sind wir direkt dorthin gefahren. Das Gebäude ist eher unscheinbar, aber der dritte Bezirk von Wien ist sicher kein günstiger. Am Empfang mussten wir erstmal die Telefon abgeben und durch einen Metalldetektor. Aber wir wurden wirklich sehr freundlich behandelt. Während wir gewartet haben hatte die Damen am Empfang wohl nochmal mit dem Fachkollegen telefoniert – bei ihr geht der also ans Telefon, bei mir aber nicht – man könne mir leider nicht helfen. Das Konsulat kann solche Dokumente nicht ausstellen. Allerdings konnte mir auch keiner sagen ob es überhaupt ein Problem ist oder ob ich ohne Fahrzeugschein womöglich nicht über die Ukranische Grenze kommen werden. Man verwies mich auf die Polizei und hat mir noch die Adresse und die Telefonnummer aufgeschrieben.
Also habe ich die Polizei über Amt angerufen. In der Warteschlange spielt die Wiener Polizei übrigens Wiener Walzer. So gar kein Klischee bedient! Die freundliche Dame bei der Polizei konnte mir allerdings auch nicht weiter helfen. In Österreich würde es 20€ kosten ohne Fahrzeugschein, mehr kann sie nicht sagen. Aber man könnte einen Verlust melden, wenn man ihn verloren hat, aber nicht wie ich zugegeben habe, dass ich ihn zu Hause habe liegen lassen. Jetzt könne sie mir natürlich nicht mehr helfen … Ich wollte jetzt aber nicht nochmal bei einer anderen Dienststelle einen Verlust melden. Da mich keiner angeschrien hat, was mir einfallen würde ohne Fahrzeugschein durch die Welt zu fahren, gehen wir jetzt das Risiko ein und fahren ohne Fahrzeugschein, bzw. nur mit Scans auf dem Telefon, los.
Zum Glück steht Wien schon auf der Liste der Städte die noch besucht werden müssen. Die Innenstadt sieht nämlich wirklich sehr schön aus. Auch wenn man nur eine paar Minuten durch die Stadt fährt, mit dem Ziel die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Der Wiener an sich scheint aber sehr hilfsbereit zu sein. Wir stehen keine Minute am Straßenrand mit den Motorrädern um das Navi zu starten, da hält schon ein Biker mit wallender Mähne an und fragt mit schönstem Wiener Akzent, ob wir Hilfe bräuchten. Wir verneinen und bedanken uns.
Um so weiter man vom Stadtzentrum weg fährt um so weniger schön wird allerdings die Stadt. Hinter der Stadtgrenze sind es allerdings auch nur noch 50km. Dort führt über einen kleinen Fluss eine Fähre oder besser eine Art selbstgebautes Floß mit Rasenmähermotor rüber auf Slowakisches Hoheitsgebiet.
Auf der anderen Seite sind wir kurz erschüttert, wie schnell und stark man den Landeswechsel sieht. Die Häuser sahen alle sehr heruntergekommen aus. Die Straßen waren sehr kaputt. Die Schlaglöcher machten dem Mariannengraben Konkurrenz. Um so weiter wir ins Landesinnere fahren, um so besser wird allerdings unser Eindruck. Es gibt immer noch viele heruntergewirtschaftete Häuser und Straßen, aber es gibt auch viele schönen Ecken.
Auffallend ist aber immer noch ein großer Einschlag an Planwirtschaft. Es gibt hier immer noch viele große LPGs die jetzt große Landwirtschaftsunternehmen sind. Und sie sehen auch wirklich eher wie eine Landwirtschaftsfabrik aus. Es gibt eine Fabriktor mit einem Namen oben drüber. Dahinter stehen nur eben Traktoren und ein paar Kühe. Aber davor sind genau so Parkplätze wie einen Ort weiter vor der Toilettenpapier Fabrik.
Und auch die Menge an älteren Fabriken fällt auf. Ein großes Fabriktor mit Schlagbaum. Davor eine großer Parkplatz für die Mitarbeiter die wahrscheinlich immer noch mit Stechuhr arbeiten. Die Anlagen sehen nur inzwischen ein wenig rostiger aus, aber im Grunde scheinen es immer noch Fabriken zu sein, wie sie in „Schindlers Liste“ aussahen – selbst die Farben stimmen überein.
Mittagspause machen wir bei Lidl. Das sind hier die einzigen neuen Gebäude in diesem Land. Generell scheint Lidl hier der größte Supermarktvertreter zu sein. Es gibt aber auch viel coop und einige Tesco. Aber Lidl sieht ihr exakt so aus wie bei uns. Die Brotabteilung ist etwas größer. Und die waren etwas günstiger. Ein Langnese Magnum Eis gibt es für 1,19€ eine Kopie für 0,22€ – und auch die ist lecker.
Im Regal entdecken wir hier die günstige Cola „Kofola“, geben ihr eine Chance und sind kein Stück enttäuscht – später beim Abendessen werden wir sie wieder bestellen. Bei der Recherche sagt Wikipedia zu der Cola allerdings:
„Kofola entstand beim tschechoslowakischen Pharmaunternehmen Galena in den frühen 1960ern. Die Firma forschte damals nach einem Verwendungszweck für den Überschuss an Koffein, der bei der Kaffeeröstung entstand. Das Forschungsergebnis war Kofo, ein dunkler, süß-säuerlich schmeckender Sirup, der zum Hauptbestandteil des 1962 erstmals verkauften neuen Softdrinks Kofola werden sollte.“
Wir trinken also Cola die dazu gedacht war, überschüssiges Koffein los zu werden. Na toll.
Wir haben heute schon die ein oder andere kleine Adventure Strecke gefahren. Das Navi steht auf „kürzeste Strecke“. Ab und an sind das sehr schöne kleine Straßen durch Wälder den Berg hinauf und hinab. Einmal war es auch ein Weg, den das Navi kannte, der Rest der Welt aber wohl schon vergessen hatte. Da führte wirklich nur noch eine Art Trampelpfad durchs die Wiesen. Die Wiese war auch gerade frisch gemäht. Es erinnerte also nicht mehr daran, dass das eine öffentliche Straße sein sollte. Aber wir sind den Weg gefahren und kamen dann auch irgendwann wieder auf einer befestigten Straße wieder raus.
Wenn man nicht gerade einen LKW vor sich hat ist die Route 14 wirklich zu empfehlen. Die Straße gut und griffig und führt in schönen Kurven um die Berge. Wie gesagt, wenn man keinen LKW vor sich hat, der den ganzen Verkehr staut. Den überholen geht hier leider überhaupt nicht.
Auch einheimische Motorradfahren sind hier besonnen. Überholen tun hier nur ein paar AMG Fahrer im Geländewagen.
Ansonsten fährt man hier sehr viel Bus. Ich habe noch nie so viele öffentliche und andere Busunternehmen auf der Straße gesehen. Auch an den Haltestellen ist viel Betrieb.
Es gibt auch hier eine Route 66. Wir sind ein paar Kilometer auf ihr gefahren. Die Straße führt durch ein sehr schönes breites Tal an einem kleinen Fluss entlang. Es ist tatsächlich schön hier ein paar Kilometer zu verbringen.
Wir haben unsere Kilometerzahl für heute erreicht und inzwischen eine kleine Pension erreicht. Im Vergleich zu den horrenden Preisen für Übernachtungen in Island ist das hier extrem günstig. Für 39,40€ bekommen wir ein Zimmer und Frühstück. Für 6,40€ mehr gibt es noch ein Abendessen inkl. einem halben Lieber überschüssigen Koffeins.
Was mich aber immer noch verwundert: Man spricht hier deutsch mit uns. Bisher haben wir sonst keine deutschen Kennzeichen oder andere deutschen Touristen hier gesehen. Trotzdem kann die Bedienung ein ziemlich tadelloses Deutsch sprechen.
Zum Einschlafen bekommen wir noch ein wenig slowakische Volksmusik die vom Biergarten auf der anderen Straßenseite in unser Zimmer dringt. Das ist jetzt nicht unbedingt ein wirklicher Gewinn …
cheers.
Sebastian