gefahrene Kilometer heute: 353.5km
gefahrene Kilometer gesamt: 1023.8km
Hallo und Hummpa nach Deutschland,
Tag 4. Wir haben immer noch ein großes Glück mit dem Wetter. Eigentlich hatte mir meine Internet-Wetter vor der Abfahrt noch 10 Tage Dauerregen angesagt. Aber bisher waren es immer eigentlich nur gelegentliche Schauer vor allem am Vormittag.
Wir verlassen am Tag 4 unser Heim in/um/beim Guesthouse Gerdi. Unser Tagesziel wird das Hostel Old Hospital in Seyðisfjörður im Nord-Westen der Insel sein. Bis dahin werden wird aber noch gut 400 Kilometer unterwegs sein.
Wir fahren zuerst nach Höfn. Wie wir später feststellen werden, gibt es mehrere Höfn auf der Insel. Das hier ist allerdings das „große“ Höfn. Das große Höfn hat 1.700 Einwohner und ist damit die größte Stadt im Südwesten der Insel. Man lebt hauptsächlich von Fischfang. Wir machen Halt im Supermarkt. Machen uns dann ein paar Sandwiches und finden, dass es bei einem kurzem Halt am Hafen bleiben kann. Ich mache zumindest noch einen kleinen Rundgang um eine Aussichtsplateau. Denn ringsherum hat eine große Kolonie von Küstenseeschwalben ihr Revier. Wenn man allerdings zu Fuß durch deren Gebiet läuft, dann steigen die Tiere sehr schnell von ihren Nestern am Boden auf und umkreisen den Eingreifer mit lautstarken Schreien im Sturzflug. Das ein oder andere Mal habe ich doch sehr erschrocken den Kopf eingezogen. Aber auch vor allem weil der Boden schon so stark von verdauten Fischen bedeckt war, dass ich das nicht auch selber sein wollte.
Wir fahren weiter auf der, die Inseln umspannenden, Route 1. Was hier DIE Hauptstraße der ganzen Insel ist, wäre bei uns zu Hause eine gut ausgebaute Landstraße. Zwei Spuren in eine Richtung kennt man hier nicht. Braucht man ja auch nicht. Die Straße hat immer noch einen besseren Belag als unsere schönsten Landstraßen.
Apropos: „Braucht man ja auch nicht“. In Island brauchen Brücken auch keine zwei Fahrstreifen. Fast alle Brücken in Island, auch die auf der Hauptverkehrsader, sind nur Einspurig. D.h. ich muss ggf. auf ein entgegenkommendes Fahrzeug Rücksicht nehmen. Welche Seite Vorfahrt hat ist nicht reglementiert. Das würde in Deutschland den Großteil der Verkehrsteilnehmer hoffnungslos überfordern. Da haben ja alle im Vorfahrt. Hier klappt das überraschen gut. Die schlimmsten sind hier die Touristen …
Unsere Strecke führt uns entlang der Küstenlinie. Hier im Südwesten / Westen der Insel ist die Küstenlinie von vielen Fjorden durchzogen. An die optische Qualität von norwegischen Fjorden reicht es nicht herran, dafür hat man hier die besseren Wasserfälle eingebaut. Es lohnt sich aber diese Küstenstrecke mitzunehmen.
Wir halten am Sveinsstekksfoss. Einem sehr schönen Wasserfall direkt an der Route 1. Eine kleine Straße führt auf den Scheitelpunkt des Wasserfalls. Ein Stopp schadet auch hier nicht. Erwähnenswert ist aber das selbstgemalte Schild direkt gegenüber des Parkplatzes, das da sagt: „No Shit. No Paper.“ Es ist keine schöner Vorstellung, dass es einen vernünftigen Grund gegeben haben muss, so ein Schild aufzustellen. Der Isländer wirkte bisher sehr gelassen auf mich. Der stellt das doch nicht auf wenn das nur einmal passiert ist. Und vor allem wer setzt sich da unweit eines Wasserfalls, der sehr regelmäßig Touristen anlockt, in die Büsche und …
Fährt man weiter an der Küste so nehmen fast alle Touristen die Route 96 und kommen über einen Tunnel um den Berg herum und umgehen damit eine Schotterpiste um den Fjord. Tun sie das nicht. Der Fjord Reydarfjördur war eigentlich der schönste auf der ganze Strecke und nicht nur, weil wir im Grunde das einzige Auto auf der Strecke waren. Die Zeit darf man sich gerne nehmen sage ich!
Die Entscheidung endlich mal rechtzeitig irgendwo im Guesthouse anzukommen oder noch einen kleinen Umweg von 70 Kilometern zu nehmen um noch einen Fjord und noch einen Wasserfall zu sehen sind in der Reisegruppe schwer diskutiert worden … aber letztendlich saß ich am Steuer. In meiner Karte war der Klifbrekkufossar Wasserfall mit vier Sternen als sehr sehenswert gekennzeichnet. Und im Nachherein muss ich sagen: Ich bin nicht enttäuscht worden. Allerdings muss man für diesen Wasserfall die Straße zum Mjóifjörður Fjord nehmen. Es gibt nur diese eine Straße dorthin. Und was auf der Karte nicht sofort steht ist, dass das ein Bergpass von gut 650 Höhenmeter ist. Das ist in den Alpen nicht sehr viel, hier liegt das allerdings deutlich über der Schneefallgrenze. Nicht mehr gerade im Mai, aber lange war das auch nicht her. Dementsprechend viel Schnee gab es für uns links und rechts der Straße zu sehen. Es ist wirklich beeindruckend WIE SCHNELL sich in diesem Land eine komplette Landschaft ändern kann. Nicht nur der Klifbrekkufossar Wasserfall am Ende der Straße war diesen kleinen Abstecher wert, auch die komplette Schotterpiste bis dorthin ist eine wirklich reizvolle Strecke. Man wird belohnt mit einem nahezu Touristenfreien Wasserfall, der wirklich noch als einer der letzten unberührten Orte durchgehen kann und einer tollen Aussicht.
Eine letztes Mal quälen wir an dem Tag unseren kleinen Suzuki Jimney über den Pass nach Seyðisfjörður. Auch hier geht es wieder über die 600 Höhenmeter Marke. Oben ist die Sicht nahe der Nulllinie. Dicker Nebel lässt dich freiwillig sehr langsam fahren. Den Gebirgssee am Ende des Abgrunds lässt sich nur erahnen.
In dem als Künstlerdorf vermarkteten Seyðisfjörður darf man eben nicht unsere Maßstäbe ansetzen. Das die Galerie das erste Obergeschoss der Pizzeria ist, ist eben normal und die Pizza ist sehr sehr gut. Punkt. Wir übernachten im ehemaligen Krankenhaus, das inzwischen zu einem Hostel umfunktioniert worden ist. Im Vergleich zu dem übrigen Land ist es hier sehr geschmackvoll eingerichtet. Es ist eben ein Künstlerdorf … mit einer Kirche in babyblau …
cheers.
Sebastian