Wenn ich eine Stadt besuche, dann mache ich am liebsten so viel wie möglich davon zu Fuß. Man sieht einfach mehr. Auch wenn man zwei oder drei mal den gleichen Weg geht, es gibt immer mal wieder etwas Neues zu entdecken, Man kommt viel mehr in die Stadt und sieht viel mehr der kleinen Details. So heißt es auch in New Orleans: Kamera und Füße in die Hand und auf gehts.

Ich bin den Tag vorher Abends in New Orleans gelandet. Ich habe alle Filme an Board geguckt und mich lange genug wach gehalten, dass ich zu normalen lokalen Zeit tot müde ins Bett falle. So kann ich den einen Tag hier auch voll nutzen.

Was aber erstmal negativ auffällt: Das Frühstück hat hier nur bis 9 Uhr geöffnet. Wer bitte in seinem normalen Urlaub würde das wahrnehmen? Heute hab ich ja keine Zeit zu verlieren. Aber bitte. 9 Uhr. Also steh ich um 8:30h am Buffet. Fertig-Ei. Fertig-Schinken. Waffeln zum selber machen aus Fertig-Teig. Es gibt kein wiederverwendbares Geschirr. Es gibt Pappteller. Pappbecher. Und Plastik-Besteck. Dafür gibt es entsprechend große Mülleimer. Willkommen in Amerika. Das Land, dass gerade wieder aus dem Klimaschutzabkommen ausgestiegen ist.

Um 08:50 Uhr waren dann auch die letzten Gäste am Buffet. Es ging so ziemlich allen so wie mir. 08:30 Uhr war noch alles gut erreichbar und es gab Sitzplätze. 20 Minuten später war der ganze Laden brechend voll. Gut das ich gerade gehen wollte.

Los geht es. Gerade aus aus dem Hotel raus in Richtung Wasser. In diesem Fall der Mississippi. Auf der einen Seite findet sich schon unser Konferenz-Center, dass ich die nächsten Tage aufsuchen werde. Direkt daneben befindet sich der Anleger für die Kreuzfahrtschiffe und das Shopping-Center – der Riverwalk. Tatsächlich liegen gerade zwei große Kreuzfahrtdampfer hier an. Sie ragen über das Shopping-Center hinaus, was ein lustiges Bild ergibt.

Es geht vom Pier weiter in Richtung Norden. Immer entlang des Mississippi Rivers. Es geht in Richtung der historischen Altstadt von New Orleans. Dem sog. „French Quarter“. Wenn man gemein sein will ist das die – Singular und keine Betonung – Sehenswürdigkeit. Nein ich will wirklich nicht gemein sein. Hier verbringt man die schönste Zeit. Fast vielleicht.

Das gefühlte Herz der Stadt kennt man aus Film und Fernsehen. Entlang der vor allem von Menschen belebten und wenig befahrenen Straßen stehen die alten Häuser. Fast alle haben den kleinen umlaufenden Balkon zur Straße. Bei fast allen Häusern sehen diese Balkone mit ihren dünnen Brettern und dünnen Streben echt nicht sonderlich sicher aus. Ich weiß nicht ob ich da drauf stehen möchte. Aber im Fernsehen funktioniert das auch immer. Dann stehen sie auf diesen Balkonen und winken den Leuten der Mardi Gras Paraden zu.

Mardi Gras – zu deutsch quasi „Fetter Dienstag“ – ist der Faschingsdienstag. Der wird hier ganz besonders ausgiebig gefeiert. Eine kleine Parade gibt es meines Wissens einmal die Woche durch die Stadt. Aber das ganze Jahr über wird auf die große Parade hingearbeitet. Es gibt wirklich eine Mardi Gras World. Eine dauerhafte Ausstellung dazu, die gleichzeitig die Werkstatt für die Festwagen ist. Hier kann das ganze Jahr der Entstehung der Festwagen zugesehen werden. In den Straßen finden sich auch viele Parkverbotsschilder „Parade Route“.

Aber die Franzosen haben eben nicht nur diesen Feiertag mitgebracht, sondern auch die europäische Bauweise. Gut. Sogesehen kennen die USA nur europäische Bauweise, schließlich sind das quasi alles Europäer, aber hier sieht es irgendwie noch etwas mehr nach altem Europa aus, als irgendwo anders in den Vereinigten Staaten. Es sind einfach tolle alte Häuser. Es macht unglaublich Spaß hier offenen Auges durch die Straßen zu gehen. Die meisten Häuser hier im French Quarter sind auch wirklich gut in Schuss. Vermutlich liegt es daran, dass sicher viel durch den Hurricane Katrina 2005 zerstört wurde und neu aufgebaut werden musste.

Auch hier gilt wie so häufig in den USA: Wie sehr sich das Erscheinungsbild einer Gegend wandeln kann wenn man nur einen Block – eine Querstraße – weiter geht. Da wird schnell aus einer sehr schönen Ecke der Stadt eine sehr heruntergekommene.

Bitte machen sie an dieser Stelle keinen Halt und drehen um. Auch nördlich des Louis Armstrong Parks gibt es noch schöne Straßen. Auf einmal stehen die Häuser nicht mehr Dicht an Dicht wie im Quarter. Auf einmal stehen die Häuser frei. Haben Raum. Und vor allem haben die Häuser hier Gärten und die Straßen sind gesäumt von den großen Bäumen die mit Moos bewachsen sind. Die Vororte New Orleans. Nur hier eben schon nahe des Zentrums.

Für mich geht es jetzt immer weiter in den Süden der Stadt. Die 5 Minuten die ich in Reiseführern oder Besichtigungsempfehlungen verbracht habe ergaben, dass man sich hier die Friedhöfe ansehen solle. Einer der bekanntesten wäre der Lafayett Friedhof. Das war jetzt mein Ziel. Das allerdings ein paar Kilometer entfernt lag. Wie gesagt, ich mag gerne durch die Straßen gehen. Auch wenn das hier jetzt vielleicht etwas warm für meine Verhältnisse war.

Aufgrund des sumpfigen Untergrunds und des hohen Grundwassers werden hier seit jeher die Toten nicht unterirdisch begraben sondern oberirdisch bestattet. Hier stehen Reihe um Reihe kleine Gruften und Grabhäuschen. Allerdings ist der Friedhof erstens überlaufen vor Touristen und zweitens eher sehr ungepflegt. Amerikanische Touristen verhalten sich auch hier eher respektlos. Auch hier sind die Gruppen kreuz und quer durch und über den Gräbern unterwegs. Außerdem recht laut. Den Selfie-Stick immer im Anschlag. Wer also solch einen Friedhof in angemessen und gepflegt sehen möchte dem sei ein Ausflug nach Lissabon ans Herz gelegt.

Was Lissabon nicht hat ist der Garden District um den Lafayett Friedhof drumher. Der Garden District, bzw. das was vorher der Ort Lafayett war, ist bekannt durch seine alten Villen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Genau so wie man es auch wieder aus dem Fernsehen kennt. Die großen weißen Häuser mit Säulen, weißen Terrassen und den Schaukelstühlen auf der Veranda. Ein großartiges Haus neben dem anderen. Lassen sie sich hier ruhig Zeit und schlendern sie kreuz und quer durch die Straßen. Es lohnt sich. Es lohnt sich wirklich. Eine der tollsten Stadtteile die ich je gesehen habe.

cheers,
Sebastian

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