Ich bin einfach einmal so frei an dieser Stelle den Text zu verwenden, den meine werten Kollegen und ich für die Horizont geschrieben haben. An der einen oder anderen Stelle allerdings mit noch etwas mehr Inhalt.

Die Paneldiskussion ist das vorherrschende Format der Konferenz. Häufig steht und fällt die Qualität daher mit dem Moderator der Diskussion, denn die meisten Talks und Diskussionen gehen gerade einmal 20 Minuten lang. Nicht viel Zeit, um in die Tiefe zu gehen und den Kern einer Sache ausgiebig zu besprechen. Auf der Bühne geht es also in die Breite und erst abseits davon in die Tiefe.

Ob bewusst oder unbewusst – es war ein schönes Statement, dass der erste Vortrag der Hauptbühne nach der offiziellen Eröffnung der Konferenz – „Reputation, trust and safety online“ – vor allem ein Appell für mehr Datensicherheit war. Europa sei Amerika hier weit voraus, so Karuna Nain von Facebook. Ein Fluch für jeden, der sich in Deutschland gerade mit der DSGVO auseinandersetzen muss.

Gerade Kinder gehen sehr unbedarft mit den unendlichen technischen Möglichkeiten, die wir heute haben, um. Es muss daher unser Grundanliegen sein, unsere Systeme und Software so zu gestalten, dass Datensicherheit per Default gegeben ist. „Data security by Design” muss das Mantra sein, so die einhellige Meinung der Diskussion.

Blockchain beyond cryptocurrency

Brian Behlendorf von Hyperledger und Robert Hackett vom Fortune Magazine versuchen einen Einblick zu geben, was eigentlich diese Blockchain ist, wenn es gerade nicht um Kryptowährungen geht. „Es geht um Vertrauen”, besagt die Erklärung für den technischen Laien. Überall, wo ich Vertrauen technisch umsetzen will, brauche ich eine Blockchain-Implementierung.

The magic of Innovation

Jedes Unternehmen will innovativ sein. Aber wie kommt man dahin, auf Abruf innovativ zu sein? Kommunikation, Limitierungen und Ausprobieren sind für Richard Marks die Antworten. Innerhalb von Sony trifft man sich einmal im Jahr zu einer Art internen Technologie-Messe. Die Ingenieure der verschiedenen Sparten des Konzerns stellen dabei vor, woran sie gerade arbeiten. Das schafft Kommunikation und innovativen Austausch.
Ebenso wichtig sei eine Limitierung. Etwas, das innovative Ideen für eine Lösung oder ein Produkt erzwingt. In der Produktion mag das eine vergleichsweise simple Limitierung sein, wie z.B. „Dieses Produkt darf höchsten 5$ kosten.” Schon zwingt dich etwas, deinen bisherigen Ansatz infrage zu stellen. „Muss das wirklich so, oder so gemacht werden?” Das treibt dich an, so Marks.

Wichtiger noch als das sei aber das Ausprobieren der Ideen. Es sind immer die Dinge, an die du nicht gedacht hast, die ein Produkt erfolgreich machen, und im konkreten Fall bei PlayStation einen Spielspaß ausmachen. Den gleichen Vortrag hätte man sich eigentlich von Nintendo gewünscht.

Changing the way the world shops

Die Zukunft des Einkaufens liegt im Internet. Soweit so gut. Und irgendwie auch nichts wirklich Neues. Allerdings zeigt Jeremy King, CTO des weltweit größten privaten Arbeitgebers Walmart, dass die große Angst vor dem Wegfall von Arbeitsplätzen bei konstantem technologischen Wachstum und Einsatz von AI-Robotern zumindest teilweise unbegründet ist. Denn obwohl Walmart durch die Einführung von Regal-scannenden Robotern, die sowohl Fehlplatzierungen der Ware als auch Inventarstände reporten, stark auf eine Entlastung der menschlichen Arbeitskräfte baut, sind seitdem mehr als 18.000 neue Mitarbeiter eingestellt worden.

Eine weitere technologische Neuerung von Walmart sind die Store-Pickup-Stationen in bereits über 1.000 Märkten. Vorher im Netz bestellte Waren können dort zu einer Wunschzeit ganz bequem und ohne nervige Wartezeiten an der Kasse abgeholt werden. Die Resonanz der Kundschaft ist absolut positiv und der entsprechende Plan, diese Abdeckung zu verdoppeln, steht bereits fest verankert in den Zielen für 2019.

The theory and application of computational intelligence

Jeder, der in den letzten 15 Jahren einen Studiengang gewählt hat, der mathematische Schwerpunkte oder mathematische hatte, ist an der Software Mathematica sicher nicht vorbeigekommen. Und noch bevor Alexa, Siri und der Google Assistant angefangen haben, unsere Wünsche zu verstehen, konnte man bei Wolfram Alpha bereits in natürlicher Sprache Problemstellungen eingeben. Beides kommt aus der Feder von Stephen Wolfram. Beides das gleiche Produkt und die gleiche Programmiersprache. Unter Nerds muss man sich den Vortrag ebenso ansehen wie andere Leute Al Gore.

Leider stößt man wieder auf das Problem, dass man in 20 Minuten eben nicht sehr in die Tiefe gehen kann. So wird der Vortrag eher zu einer Produktdemonstration von Wolfram. Wenn auch eine sehr beeindruckende. Gesammelte Informationen liegen nicht nur in Google vor. Auch in Wolfram kann ich z.B. Temperaturkurven beliebiger Orte abfragen.

The secret to technical leadership

Was ist eigentlich die Aufgabe eines Chief Technology Officer (CTO)? Immer mehr Unternehmen, die selbst augenscheinlich keine direkte Technikabteilung haben, oder bei denen Technologie vielleicht nicht zum Markenkern gehört, schaffen eine solche Stelle. Abschließend und allgemeingültig konnte man die Frage nicht beantworten, aber zumindest für Rebecca Parsons (CTO, ThoughtWorks) und Joe Korngiebel (CTO, Workday) sind ihre Aufgaben klar. „It’s people’s buisness”, so Parson. Jeder Bereich jedes Unternehmens wird immer technischer und braucht Entwickler und Leute, die eine Vision haben und umsetzen. Das ist noch nicht in jedem Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Es geht viel um Kommunikation, das Aufbauen von gegenseitigem Verständnis und das Abbauen von Missverständnissen.

Collision 2019 in Toronto

Die Vorletzten Worte hat Justin Trudeau. In einer kleinen Videobotschaft richtet sich der kanadische Premierminister an die Besucher der Collision. Vom 20 bis 23. Mai 2019 wird die Collision das erste mal für mindestens drei Jahre zu Gast in Toronto sein. Damit stellt die Tech-Szene kurzfristig ein ganzes Prozent der Stadtbevölkerung.

Was Al Gore zu sagen hat

Der Raum der Center Stage füllt sich bereits drei Podiumsdiskussionen vor dem großen Auftritt Al Gore’s bis ans Kapazitätslimit, der zum Abschluss des ersten Tages das Schlusswort hält. Unter tosendem Applaus betritt Al Gore die Bühne um in seinen exklusiven 30 Minuten von den notwendigen Investitionen für den Wandel zu einer nachhaltigen Economy zu referieren. Nach einer kurzen Lobeshymne auf die Konferenz und deren Gründer und Teilnehmer startet der ehemalige Vize-Präsident der Vereinigten Staaten seine Ansprache mit den folgenden drei Leitfragen, die er im Laufe der Präsentation erörtern und beantworten möchte:
“Do we have to change? Can we change? Will we change?”

Die Antwort auf die erste Frage “Do we have to change?” ergibt sich relativ schnell und eindeutig. Der Klimawandel und die Globale Erwärmung sind in den letzten Jahren präsenter und dramatischer denn je in der Gesellschaft diskutiert worden. Gerade New Orleans hat mit der Umweltkatastrophe durch den Hurrikan Katrina und dessen langfristigen Schäden durch den Sturm sowie den Überschwemmungen im Jahre 2005 die Folgen des Klimawandels am eigenen Leib spüren müssen. Auch die jüngsten Ereignisse des Hurrikans Irma in 2017 lässt keine Zweifel offen, dass wir weltweit umdenken, ein Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen und vor allem aktiv Dinge verändern müssen um den drohenden Gefahren langfristig entgegen zu wirken.

Al Gore’s zweite Frage, ob wir überhaupt in der Lage sind uns zu verändern und ein Umdenken zu bewirken, beantwortet er mit einem ganz klaren und lauten “Yes”. Wir besitzen das notwendige Wissen, etliche Fakten und Fallbeispiele, die Klima-Experten und deren zahlreiche Analysen – quasi alle essentiellen Aspekte um einen Wandel zu vollziehen. Es muss “nur” getan werden und eine amerikanische “Just Do It” Mentalität wird gefordert.

Mit diesen Worten schreitet er mit großen Schritten auch auf die letzte, und wahrscheinlich wichtigste, da alles entscheidende Frage, nach dem “Will we do it?” zu. Dieser direkte Aufruf für eine mögliche Veränderung des Klimawandels und einem Weg zu einer nachhaltigen Economy in der Zukunft bleibt an diesem Nachmittag in New Orleans mit Sicherheit am längsten in den Köpfen der Teilnehmer und Beisitzer und regt zum Nachdenken und dem persönlichen infrage stellen an. Al Gore vermittelt eine große Hoffnung und einen ebenso starken Glauben an die Gesellschaft diesen Change zu vollziehen und schlägt in seiner Keynote diverse Male die Brücken zur technologischen Sparte, die zur Erschließung aber vor allem auch zur globalen Vermittlung und Kommunikation der vorherrschenden Problematik helfen soll.

Trotz seines wirklich äußerst interessanten und vor allem mitreißenden Vortrags, kann er sich den ein oder anderen politischen Seitenhieb in Richtung der aktuellen Regierung um Donald Trump nicht verkneifen. Auch seine politische Motivation, der Aufruf zu einer stärkeren Beteiligung an den kommenden Wahlen und seinem schmerzhaften Wunsch nach einem Führungswechsel schimmert an diversen Stellen durch.

Mit einer Standing Ovation, etlichen zufriedenen und motivierten Gesichtern geht somit der erste Tag der Collision Conference in New Orleans zu Ende.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert