Marrakesch. Tag 3. Ich werde berechtigter Weise immer noch nicht als Einheimischer wahrgenommen. Dieses erbarmungslose Handeln liegt mir einfach nicht im Blut. Ich bin viel zu weich für sowas. Auch wenn wir die schlimmsten Touri-Fehler gut umschiffen und nicht mehr gnadenlos abgezockt werden. Wahrscheinlich würde man trotzdem immer noch für die Hälfte des Geldes hier durchkommen.
Der dritte Tag hier. Same procedure as every morning. Frühstück gibt es hier bis um 11h. Das heißt vor 10h treten wir da gar nicht erst an und schlafen aus. Inzwischen scheinen wir aktuell die einzigen Gäste zu sein. Wir haben nichts dagegen. Dementsprechend werden wir mit Aufmerksamkeit überschüttet.
Auf dem Programm steht heute die Neustadt. Dieser Bereich liegt nord-westlich der Altstadt und lässt sich in 30 Minuten auch zu Fuß erreichen. Wir hatten kurz überlegt einen Pferdekutsche zu nehmen, aber zu Fuß mit der Kamera sieht man einfach mehr.
Erstes Ziel für heute ist der Jardin Majorelle. Der Garten wurde vom französischen Maler Majorelle angelegt und ist vor allem bekannt für seine große Vielfalt an Kakteen. Gute 300 verschiedene Arten sollen es sein. 1980 wurde der Garten von dem französischen Modedesigner Yves Saint Laurent gekauft. Nach ihm ist auch die angrenzende Straße benannt worden.
Der Garten ist wirklich wunderschön angelegt und bietet eine tolle Vielzahl an Pflanzen. Dementsprechend gut besucht ist der Garten allerdings auch. Gegen Mittag mussten wir eine halbe Stunde anstehen. Aber auf jeden Fall ein lohnenswerter Ausflug.
Wir genießen das Leben bei einem weiteren Minztee im Cafe an der Ecke.
Es geht weiter zu Fuß durch die Neustadt. Man könnte fast meinen es handle sich um einen ganz anderen Ort, als dass, was wir die letzten beiden Tage gesehen haben. Keine engen Altstadtgassen mehr. Kein ständiges angequatsch werden. Es gibt Straßen für Autos und Bürgersteige für Fußgänger. Auch wenn auf den Straßen viel los ist, fühlt es sich weniger gedrängt und hektisch an. Es gibt Ampeln. An die hält sich zwar nicht jeder, auch nicht wenn die Polzei auf der Kreuzung steht, aber es gibt Ampeln. Für Fußgänger gibt es Ampel allerdings immer nur auf einer Seite. Auch da gucken es nur die Touristen drauf. Aber einfach über die Straße gehen macht ja eh mehr Spaß…
Die Neustadt ist zwar immer noch keine schicke herausgeputzte Ecke, aber es wirkt aufgeräumter und morderner. Das ist vielleicht nicht gerade charmanter als die Altstadt, aber es bietet einen schönen Kontrast und einen etwas ruhigeren Tag. Aber viel zu sehen gibt es hier nicht. Mehr als einen Tag einmal durchlaufen und besagten Garten zu sehen braucht es hier nicht.
Der Rückweg führt uns wieder durch die Westtore der Altstadt. Hier ist die Ecke der Einheimischen der Altstadt. Auch hier kommen wir ohne viel Aufsehen durch die Straßen. Es kauft Hinz und Kunz selber ein. Die Wagen sind hier weniger aufgeräumt. Es wirkt netter und ehrlicher.
Am vorwurfsvollsten gucken dich hier die Hühner an ( Huhn rechts ):
Am Abend geht es noch einmal durch die kleinen Gassen auf den großen Markt. Im Gegensatz zum ersten Tag bei dem wir hier am Nachmittag waren, ist nun fast der ganze Platz mit Zelten und kleinen Ständen bebaut. Jeder Stand hat eine Nummer. Außerdem sind die Stände weitestgehend kategorisch zusammengestellt. Obstsaft-Händler neben Obstsaft-Händler. Nüsse und Trockenobst neben Nüssen und Trockenobst.
Die Händler versuchen immer noch ihr Bestes. Aber man wird hier nicht mehr so aggressiv angegangen. Die Jungs haben ein paar Flotte Sprüche drauf und sprechen dich fast überwiegend gleich in Deutsch an ( an weißen Tennissocken liegt es nicht ).
Im Innenbereich des Marktes stehen die Imbissbuden. Die Jungs sind noch mehr auf Zack. Aber nicht aggressiv, sondern charmat. Bei den Jungs können sich die Anschnacker auf St.Pauli noch was abgucken. Weggucken hilft tatsächlich in den meisten Fällen. Nach einer Runde weißt du: lieber außen herum gehen und nicht durch die Mitte. Einmal reicht. Aber so macht der Marktbesuch wirklich noch Spaß. So hab ich mir das vorgestellt! Spaß für beide Seiten und nicht ein irgendwo reingelockt werden und anschließend beschimpfen weil man deren Preise nicht zahlen will.
Nach dem dritten Typen der dich zu seiner Imbissbude locken will kennst du den Satz „Maybe later“. Beide Seiten grinsen, weil alle wissen, dass das die höfliche Form von „Danke, aber nein Danke.“ ist. Du gibst den Jungs vorher oder hinterher noch kurz die Hand. Alles cool. Willkommen auf dem großen Markt in Marrakesch.
Auch wenn der ein oder andere bekräftigt, dass es bei seinem Essen kein Durchfall gibt, eine scheinbar relevante Information, so essen wir doch lieber in einem Cafe in der Nähe. Die Jungs sind nicht ganz so flott drauf, weil unser Essen bei den Nachbarn auf den Tisch gestellt wird, und deren Essen etwas später auf dem wieder nächsten Tisch, aber lecker was es trotzdem.
Auf dem Nachhauseweg gab es dann noch einen großen frischen Fruchtsaft auf dem Markt. Ich muss hier dringend noch mehr handeln. Zwei mal nach einem günstigeren Preis fragen und dann einknicken weil er bei seinem Preis bleibt ist hier einfach falsch. Man muss gehen. Dann rufen sie dich zurück und es wird günstiger. Ein bischen Zeit zum üben hab ich ja noch. Vielleicht morgen Abend. Vielleicht testen wir dann mal, ob es wirklich keinen Druchfall bei dem Essen gibt.
cheers.
Sebastian