Kilometer heute: 473 km
Kilometer gesamt: 858 km

Hallo nach Deutschland,

Der zweite ganze und echte der Reise ist auch schon vorbei. D.h. ich habe schon die Hälfte der erlaubten Zeit auf dem Motorrad hinter mir. Da darf man gar nicht drüber nachdenken. Um so besser, das die Tour und Streckenauswahl ein voller Erfolg ist. Das kann man genau so sagen uns stehen lassen. Was ist das eine geile Strecke. JA bitte ganz genau so will ich Mopped fahren. Also fast. Also ein ganz klein wenig weniger Regen wäre noch ein kleines bisschen besser. Aber ansonsten ganz genau so.

Auch heute wollte sich wieder ein Tier unter meine Reifen werfen. Und die Viecher werden größer. Heute Morgen meine ein Fasen es wäre Zeit seinem Schöpfer entgegenzutreten. Davon merkt man im Zweifel auch mehr, als von so einem kleinen Eichhörnchen. Zum Glück blieb es aber alleine bei einer Berührung an dem Stiefel. Aber das hab ich schon ziemlich deutlich gemerkt, dass es sich hier um mehr als 100g Fasen handelt. Am Ende alles gut. Der Fasan war heile und wach. Mopped und Fahrer unversehrt.

Ich habe mich Morgens direkt getraut ohne Regenklamotte los zu fahren. Es ist eh egal wie man es macht. Eigentlich will man nicht direkt in den Plünnen starten. Wenn du die Sachen anziehst, dann regnet es nicht und du schwitzt. Wenn du sie nicht anziehst, dann fängt es an zu regnen. Gilt eigentlich immer. Wider besseren Wissens bin ich also ohne Regenkleidung gestartet.

Das ging auch zwei Stunden lang gut. Die Berge hatte ich gestern hinter mir gelassen. Jetzt geht es erst einmal ein wenig durch italienisches Flachland. Das sind die Ecken Italien, die einfach so gar keinen Charm haben. Viel Ackerbau hier. Die Traktoren sind die gleichen die auch bei uns fahren. Viele kleine Industriegebiete und alte Fabriken. Das sieht so bei uns eher nicht aus. Die sind nämlich entweder geschlossen oder komplett kaputt. Häufig beides. Wahrscheinlich aber auch noch häufiger: sehen aus wie geschlossen, weil kaputt, sind aber noch genau so in Betrieb. Nach dem Boom der 60/70er sind hier keine Wunder mehr passiert. Und dann ist auch noch Flach und straßentechnisch uninteressant. Zusammengefasst: man kommt gut voran, weil nichts da ist das dich ablenkt.

Dann fährst du immer weiter gerade aus. Auch das Navi sagt da lang, immer gerade aus. Und am Horizont wird es dunkler. Aber man erkennt auch, da kommen wieder Berge. Das heißt die Strecke wird wieder spannender. Und dann stehst du da am Ortseingang. Die ersten Tropfen haben dich erwischt. Am anderen Ende des Ortes geht die Straße in den Berg hinauf. Aber das „Oben“ vom Berg sieht man gar nicht mehr. Da sind nämlich wie Wolken. Also anhalten und Regenplünnen an. Gleich wird es nass werden.

Und dann wird das gar nicht so nass!

Ja, 5 min schon. Aber nicht sehr. Nur noch ein bisschen von dem Nieselregen. Und es wird kurz etwas frischer. Aber es kommt kein gewaltiger Schauer runter und auf der anderen Seite des Berges sind eigentlich sogar die Straßen wieder fast trocken. Die Straße wird wirklich jeden Meter besser. Das hebt die Stimmung aber dann doch ganz gewaltig. Jetzt kann das Moppedfahren wieder Spaß machen.

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Distance: 0km

Und hier gehts dann jetzt so richtig ab. Also was geniale Strecken für Bikes angeht. Ich habe das italienische Flachland hinter mir gelassen und bin jetzt in der Region Ligurien unterwegs. Der Bergregion zur Mittelmeerküste.

Die SS45 ist meine absolute Lieblingsstrecke der aktuellen Reise. Die Straße ist super griffig. Es ist absolut nichts los und die Strecke hat einfach alles. Gemütliches Pendeln durch das Tal. Enges Pendeln am Berg. Unter dir geht der Fluss durch und es ist wie gesagt rein gar nichts los. Ich habe die Strecke komplett für mich alleine. Es ist für eine Tour geschaffen.

Es fährt sich gerade so toll, da kann man schon mal vergessen auf die Tankanzeige zu gucken. Und dann dann hängst du da. In irgendeinem winzigen Dorf. Die alten Herren stehen an der Straßen und gestikulieren italienisch. Und außer dem kleinen Cafe ist nichts geöffnet. Das gilt auch für die Tanke. Und da man ja die letzte halbe Stunde durch nichts durchgefahren wäre und es eben nur dieses Dorf gibt und der Tank gerade auf Reserve steht, da guckt man dann schon doof. Mopped sofort abschalten um jeden Milliliter zu sparen.

Google sagt, dass die nächste Tanke, die geöffnet hat gut 30km entfernt ist. Über eine Strecke an der natürlich auch nichts anderes liegt und es die nächsten 45 Minuten auch nur durch eine anderes Tal geht. Also mit vollem Tank eigentlich eine total tolle Strecke. Aber so kann man die Tour irgendwie nicht genießen. Ich hab mich innerlich also schon darauf eingestellt ein paar Kilometer zur nächsten Tanke zu Fuß zu laufen.

Aber ich komme an. Noch so ein winziges Dorf mitten in den Bergen und ansonsten ist im Umkreis von 30 Minuten nichts zu holen oder zu finden. Und hier gibt es genau eine Zapfsäule für Super und eine für Diesel und funktioniert über Kreditkarte. 17l Volumen soll mein Tank haben. 16.6l habe ich getankt. Viele Kilometer wären also nicht mehr drin gewesen.

Ich freu mich also über ein paar ungeplante Extrakilometer mit einer tollen Strecke. Mit Klangkarussell pendelt es sich gut durch die langen Kurven. Mit Mashups geht es die schnellen Berge hinauf. Die Strecke und der Tag sind so großartig.

Und die Strecken sind so leer. Ich fahre mindestens 40 Kilometer, ohne das mir ein einziges anderes Auto entgegenkommen würde. Es ist auch gerade Wochenende. Vielleicht bleiben auch einfach alle zu Hause. Es soll mir nur recht sein.

Es fährt sich so schön ohne Unterbrechung und Stau, dass ich regelrecht zu viele Kurven fahre. Die Kurven sind schon teilweise so kleine und eng und das nun schon seit Stunden, dass mir fast anfängt etwas schlecht zu werden. Kurven bis zum Kotzen! Soweit kommt es aber bei weitem nicht. Aber ein guter Zeitpunkt mal wieder eine kleine Pause einzulegen.

Auf der Ecke sind die meisten Straßen griffig und neuwertig. Teilweise ist die Fahrbahn aber auch nicht breiter als 2,50 Meter. Also mehr als ein Auto passt hier auch nicht durch.

Motorradfahrer sehe ich auch sehr wenige auf der Ecke. Das Wetter ist etwas besser. Der ein oder andere sollte sich also raus trauen. Aber hey. Meine Straße. Was stört es mich. Die GS sieht man nur an den Pizzerien stehen. Aber nicht auf der Straße fahren.

Hier auf der Ecke zu wohnen ist sicher auch eine Erfahrung für sich. Zum nächsten Dorf oder kleineren Stadt sind es mindestens immer 20min über die kleinen kurvigen Straßen. Dann hat man eine kleine Hausansammlung erreicht. Scheinbar gibt es dort immer alles – ein Cafe, eine Tanke, einen kleinen Supermarkt – was man halt so braucht. Alles eben in der kleinen Ausführung. Aber eben auch eine Weile zu fahren bis man da ankommt.

Ich glaube auf den kleinen kurvigen Straßen und schlängele mich so durch das Land. Es sind genau die Strecken wie sie für mich sein sollten. Das will ich jetzt einfach mitnehmen so lange ich noch Tageslicht habe. Es macht soooo viel Spaß.

Aber das Wetter ist nicht nur großartig. In den Bergen ist das in dem einen Tal so und in dem nächsten Tal so. Da hat man gerade noch einen freien Himmel und Sonne und dann bin ich oben auf einem Bergkam und in nicht mal 500m zieht der ganze Berg zu. Ich hänge komplett in Wolken und habe wieder nur 10 Meter Sicht. Schnell fahren geht dann eh nicht mehr. Aber genau in dem Moment hängst du dann hinter dem italienischen Großvater in seinem Fiat 500, der da mit weniger als 10km/h runter fährt. Die Gefahr ist also größer einfach seitlich umzukippen, als das man irgendwo rein fahren würde. Und dann fährt man da 20 Minuten hinterher. Fürs Überholen reicht die Sicht halt einfach nicht aus.

Unten im Tal wird die Sicht wieder besser. Die Straßen sind hier auch im Grunde trocken und ideal zu befahren. Auch hier ist man immer noch so weit ab vom Schuss, dass man zwar die dicke gelbe Straße auf dem Navi fährt, also im Grunde eine Bundesstraße, aber trotzdem kommt man nicht an alles Stellen über eine Gesamtfahrbahnbreite von 2 Metern. Die Hauptstraße quetscht sich hier durch ein Siedlung von 4 Häusern und es hat den Anschein, dass ein 40-Tonner hier nicht durch die Häuserwände passt. Ich bremse wirklich ab in dem Glauben von der Hauptstraße abgekommen zu sein und gerade die Garagenauffahrt zu benutzen. Aber Nein. Es ist die Hauptstraße. Ich möchte keine Bundesstraße 30 Zentimeter vor meinem Schlafzimmerfenster haben.

Und warum gibt es in den italienischen Bergen nur zwei Sorten von Autofahrern? Die, die mit 200km/h hier den Berg rauf und runter fahren und so Kurven eintauchen, die man nicht einsehen kann, dass auf jeden Fall nichts von Vorne kommen darf – sonst gehen alle hops. Oder es ist der italienische Großvater der mit 20km/h auch auf gerader Strecke unterwegs ist. Aber der kommt nur auf den kurvigen Strecken vor, an dem man ihn nicht überholen kann.

Es wird langsam spät. Eigentlich haben wir früher immer so gegen 17 Uhr gestoppt und uns eine Übernachtung gesucht. Weil ich dieses Mal eh alleine fahre und ich nicht will, dass dieser Tag aufhört, mache ich das heute auch erst um 18:30h. Ich habe also noch immer eine knappe Stunde Zeit bevor es dunkel wird. Die GS Fahrer stehen eh alle schon seit 17h still und sind jetzt alle schon im Hotel fertig geduscht und haben ein Bier in der Hand. Ich dagegen könne mir noch ein paar Kilometer und suche mein Hotel auch noch in etwas Entfernung aus damit ich ein wenig voran komme.

Heute Abend schlafe ich direkt an der Mittelmeerküste. Ich habe mir ein günstiges Hotel direkt am Wasser ausgesucht. Während ich noch die Buchung abschließe fängt es wieder leicht an zu Regnen. Muss das denn jetzt sein? Also noch mal die Regenplünnen an. Und treu dem Wettergesetz – wenn du die Regenkleidung angezogen hast, dann brauchst du sie nicht – hörte es auch 10 min später wieder aus. Die letzten Kilometer des Tages gehen also ganz entspannt und ohne Regen entlang der Küstenstraße und so kann man am Abend schon mal ein wenig das Nachleben an der Küste genießen.

Den Tag über habe ich mich das schon immer gefragt, warum heute gefühlt so viele Leute auf den Straßen unterwegs sind. Abends fällt es mir beim lesen der Nachrichten auf – heute wurde in Italien die neue Regierung gewählt. Und die ersten Hochrechnungen stehen auf eine knappe Mehrheit für Rechts. Was ist bloß gerade los in Europa? Wobei Italiens Regierungen in den letzten Jahren eh nicht lange Bestand hatten.

Es ist schon nach acht, als ich endlich am Hotel ankomme. Im Internet stand „Parkplätze verfügbar“. Also stelle ich mich mit dem Motorrad auch direkt vor die Tür des Hotels mit den markierten Parkplätzen. Ich packe noch meine Taschen zusammen und pelle mich aus den Regenklamotten, da steht eine Frau neben mir und spricht mich an:

  • Sie: „Buongiorno!“
  • Ich: „Buongiorno!“
  • Schweigen. Ich denke mir sie hat das Gespräch angefangen und wollte gerade etwas, also wird sie mir was zu sagen haben.
  • Dann vorwurfsvolles Gesicht von ihr als hätte ich ganz selbstverständlich irgendwas nicht mitbekommen. Bis ich verstohlen versuche das Gespräch aufzugreifen:
  • Ich: „Yes? Can I help you?“
  • Sie (sehr schnippisch): „Who are you? What are you doing here?“

Ich hab mich also sehr über die Gastfreundschaft und das herzliche Hallo gefreut bis ich mich dann erstmal als Gast rechtfertigen durfte.

Der Preis ist ok für direkte Lage am Meer. Der Parkplatz fürs Motorrad kostet aber 9€ extra. Der Empfang nicht sonderlich herzlich. Dafür sind auch die Betten bis auf den Boden durchgelegen und ich verschwinde komplett im Bett. Zum Glück ist das Wasser kalt. Tatsächlich wird das Wasser beim Duschen nicht warm. Im Sinne der Energiekrise dusche ist also sehr kurz und hoffe auf den nächsten Morgen. Aber das Frühstück ist im Preis enthalten. Das muss Morgen also alles raus reißen.

Heute Abend bleibt die Küche kalt. Ich hab noch Reste vom Lidl in meinem Koffer weil ich ja vor lauter Kurven und Tankstellen suche nicht viel zu Pausen und zum Essen gekommen bin.

Ich mache also mein Fenster zur Seite auf und kann das Meer noch rauschen hören … wenn auch nicht sehen. Damit gute Nacht für heute.

cheers.
Sebastian

1 thought on “ Tag 2 – Kurven bis mir schlecht wird ”

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