Kilometer heute: 385 km
Kilometer gesamt: 385 km

Hallo nach Deutschland,

ich melde mich aus Roe` in Italien. Ich habe hier ein kleines Hotel gefunden, das vor allem ein italienisches Familenrestaurant ist. Alle sind ganz herzlich und überschwänglich nett. Während ich das hier schreibe klingt es aber eher so, als wäre unten im Restaurant eine türkische Hochzeit im Gange. Und das tatsächlich ziemlich laut. Die Stimmung hier ist auf jeden Fall sehr gut. Auch bei mir, der, der langsam wieder auftaut und gleichzeitig durchtrocknet.

Aber der Reihe nach.

Als der Tag begann habe ich noch im Zug geschlafen. Dieses mal war Lars ja nicht dabei, d.h. ich durfte mir einen Liegewage mit fremden Menschen teilen. Dabei hatte ich noch Glück. Vor Wochen hatte ich im Internet nach Plätzen geguckt und wollte erstmal nur den Preis wissen. Alle Kategorien waren noch verfügbar ich hatte mir keine weiteren Gedanken gemacht.

Als sich das erste mal das Datum für die Reise als halbwegs sicher herausstellte wollte ich den Platz für mich und das Motorrad buchen. Keine Liegenwagen mehr zu bekommen. Es gab nur noch Sitzplätze. Davon leicht schockiert hatte ich an dem Tag nicht mehr gebucht, sondern erst letzte Woche. Dann habe ich noch einen Platz im Liegewagen abbekommen.

Ich war der erste im Abteil. Kurz nach mir kommt Erik dazu. Wir kannten uns schon vom Sehen, weil wir gemeinsam mit Motorrädern angestanden haben. Erik fährt eine KTM und ist gerade auf dem Weg nach Rimini zum Transitalia Marathon (https://www.transitaliamarathon.com/) – eine 5 Tage Enduro Rally durch Italien. Erik ist Chief Ingenieur für die Konstruktion von Zügen, er hat sich also die Konkurrenz einmal von Innen angesehen. Erik ist ein toller Mensch und begeisterter Motorradfahrer. Wir konnten uns viele Geschichten erzählen und ich habe viel über die Konstruktion von Zügen gelernt.

Außerdem ist Peter 1 – Name frei erfunden, er hat seinen Namen nicht gesagt – mit in Hamburg dazu gestiegen. Peter war zwar nett, hat aber die meiste Zeit im Laptop getippt und hat nichts zur Motorradunterhaltung beigetragen.

Weil Peter 1 nichts von sich erzählt hat wussten wir auch nicht, dass er in München aussteigen wollte. Peter 1 hat nämlich dank seiner Schlafmaske gut und fest geschlafen. Während Erik und ich schon auf Toilette und im Gang standen lag Peter 1 noch im Bett. Als er wach wurde und schlaftrunken fragte wo wir den seien, war er mit der Antwort „München Hbf“ nicht sehr einverstanden. Gut für ihn, dass wir schon 45 Minuten Verspätung hatten. So konnte er gerade noch in der falschen Hose aus dem Zug hüpfen. Einen Weckservice gibt es scheinbar nicht.

Ab Hannover hatten wir auch einen Peter 2 an Board. Da zu der Zeit schon jeder in seinem Bett lag kam es zu keiner Unterhaltung und Peter 2 verschwand wortlos im Bett.

Dafür haben wir uns mit Peter 2 beim Frühstück wunderbar unterhalten. Jeder bekam ein Tablett mit einem am Abend bestelltem Getränk ( Kaffee oder Kakao – genauer heißes Wasser und Kakaopulver ) sowie zwei Brötchen, einem Stück Butter, dass nicht für zwei Brötchen reicht und einem kleinen Glas der guten Darbo Mamelade.

Peter 2 ist selbsständig und u.a. weltweit für Doppelmayer, dem Hersteller von Skiliften und Liftlösungen im Allgemeinen, unterwegs und schult im richtigen Umgang und Wartung der Anlagen. Jetzt war er gerade in der Skihalle in Bispingen die aktuell von KFZ-Herstellern genutzt wird um ihre Fahrzeugen auf Eis- und Schneebedingungen zu testen. Wusste ich gar nicht.

Eine wirklich spannende Besetzung dieses Abteil. Hat wirklich Spaß gebracht.

Es ist übrigens doch nicht „Pearl Habour“ geworden, sondern das erste Drittel „Final Destination“. Dann verließ mich die Motivation einen Film angucken zu wollen und ich habe versucht zu Schlafen.

Geschnarcht hat übrigens keiner, so wie Lars sonst. Also ein Pluspunkt meiner neuen Reisegruppe.

Wir sind also 55 Minuten zu spät in Innsbruck angekommen. Ab einer Verspätung von 60 Minuten gibt es 25% Rabatt auf den Preis.

Wie es außerdem nicht anders hätte sein können, habe ich natürlich dann doch ein Ladekabel zu Hause liegen lassen. Alles andere dabei, aber das Telefon während der Fahrt aus dem Mopped oder der Powerbank landen … also schnell nochmal in die Bahnhofshallen, da gibt es sowas ja für den doppelten Preis.

Die eigentliche Tour ging dann also gegen 10:20h los. Dann waren die Moppeds vom Autozug runter. Die letzten Sachen umgepackt und das Navi fahrbereit. Das ich das noch nicht richtig eingestellt hatte was die Streckennavigation angeht, das sollte ich nochmal 20 Minuten später merken. Ab dann aber Vollgas raus aus Innsbruck, immer Richtung Süden durch die Berge.

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Die Karte wird immer farblich nach Datum hervorgehoben. Die eigentliche Reise zähle ich aber erst seit dem Start in Innsbruck mit dem Motorrad. Also die eigentliche Reisestrecke ist heute etwas weniger als der hervorgehobene Teil.

Erster Pass: Kühtai. Richtig tolle Strecke. Oben schon ein bisschen Frisch. Das nährte die Gewissheit, dass ich die Sommerhandschuhe nicht den ganzen Tag anhaben würde. Dafür gabs danach eine tolle Strecke durch den Wald mit einem kleinen Waldflüsschen. Und das alles bei Sonne. Richtig gut. So hätte es bleiben können. 

Hat es aber nicht.

Der nächste große Pass ist das Timmelsjoch. Für 15€ Maut für ein Motorrad gibt es sogar einen Aufkleber. Gutes Wetter aber nicht. Denn auf halber Höhe der insgesamt 2500 Höhenmeter, hatte ich bereits die Winterhandschuhe und auch einen weiteren Pullover angezogen. Bei 2100m kam dann der Regenanzug hinzu. Der Gipfel war komplett in Wolken verhangen. Die haben sich zudem noch in einem starken Nieselregen abgeregnet. Zum Gipfel hin kam dann ein kleiner Hagel hinzu, die Temperaturen lagen vielleicht noch bei 2°C. Links und rechts von der Straße lag Schnee. In den Tunnel da oben klebte das Eis an den Wänden, wie beim Gefrierschrank, den man mal wieder abtauen müsste.

Und ab da wurde das Wetter auch nicht wieder so wirklich schön. Es gab keinen Starkregen. Es hätte also schlimmer kommen können. Aber es wurde auch nicht mehr so richtig trocken. Ein paar Strecken hatten noch keinen Regen gesehen. Da konnte man einmal wieder normal schnell fahren. Aber auf den meisten Abschnitten war es nass und es regnete immer leicht. So bleibt es heute bei „nur“ 360 Kilometern.

Einmal über den Berg rüber ist es dann auch etwas weniger schlimm. Wie gesagt, gut ist immer noch anders. Aber die Richtung habe ich mir ja so ausgesucht.

Jetzt also auf der italienischen Seite von Tirol. Ich finde das immer noch gefühlt merkwürdig. Man ist in Italien, aber alles wird an erster Stelle in deutsch ausgewiesen. Es ist eben nicht Italien. Es ist Tirol. Was ist nicht wusste „Seit dem Jahr 2011 besitzt das historische Gebiet mit der Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino eine eigene Rechtspersönlichkeit in Form eines Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit.“, sagt Wikipedia

Ich komme auch durch Merano. Ich fahre zwar nur kurz durch die Stadt. Aber das muss man sich vielleicht nochmal für einen Besuch merken. Die Altstadt sieht mit seinen alten Gebäuden wirklich schön aus, wie gesagt zumindest was die kurze Ansicht bei der Durchfahrt angeht. Ein kleiner Fluss der die Stadt teilt.

Hier am Ende der Hochalpen nimmt auch die Zahl der Porscheclubs ab. Es kommen mir wirklich viele Gruppen von Porschefahrern entgegen. Ich nehme fast an, dass das kein Zufall ist, sondern irgendeine organisierte Ausfahrt hier auf der Ecke. Die meisten Autos tragen auch das gleiche Logo. Es scheint eine Art Rally zu sein. Aber die Jungs und Mädels haben auch ihren Spaß mit den Autos auf diesen Straßen. Es sei ihnen gegönnt.

Fährt man ein bisschen weiter so nimmt die Zahl der kleinen Traktoren wie man sie von Weinbergen kennt deutlich zu. Dann noch deutlicher. Und dann stehen überall an den Straßen große Plastikkisten. Aber die Felder links und rechts sind keine Weinberge, es sind Apfelplantagen. Es ist Apfelernte. Alle fünf Meter zieht hier ein kleiner Traktor eine Ladung von Kisten mit Äpfel durch die Gegend. Das riecht vor allem auch toll auf der Straße. Was nicht so toll ist, sind die ganzen Äpfel auf der Straße, die dort nicht liegen sollten. Da muss man in der Kurve fast aufpassen mit dem Mopped nicht darauf auszurutschen. Und es stehen wirklich an jeder Straßenseite Berge von diesen Kisten hier rum. Es müssen hier eine Menge Äpfel durchgehen.

Es ist wirklich eine sehr sehenswerte Ecke. Auch ohne das Motorrad. Was es natürlich einfach irgendwie erlebbarer macht. Man ist noch eine Spur dichter dran an diesem Draußen und dem hier.

Man sieht natürlich hier auf der Ecke viele Motorräder. Die große Mehrheit steht aber tatsächlich eher am Straßenrand. Natürlich bekommt die Hand genug zu tun, die anderen Fahrer zu grüßen. Aber die meisten GS stehen an dem Rand vor den Restaurants und Cafes. Viele Kilometer werden hier gerade eher nicht abgerissen. Wenn dann sind es eben doch die Fahrer die vollbepackt eine lange Strecke fahren die sich vor dem Wetter nicht scheuen. Wir grüßen uns dann immer wohlwissend, dass hinter der nächsten Ecke eine Zahnarzt mit einer GS im trockenen ein Bier trinkt und Kuchen isst.

Dramatische Szenen dann doch noch am Nachmittag. Ich bin nur wenige Zentimeter einem vermutlich tödlichen Unfall entgangen. Um ein Haar hätte ich ein Eichhörnchen überfahren! Gerade hinter eine Kurve in einem kleinen Waldstück sprang das Tier über die Straße seitlich auf das Motorrad zu, sodass ich es nicht mehr unter der Verkleidung gesehen habe und nicht viel ausweichen konnte. Aber ich habe es auf der anderen Seite dann doch noch unbeirrt springen sehen. Es hat also überlebt. Es kamen also an diesem Tag keine Tiere zu Schaden. Heute kann man auch davon ausgehen, dass nicht einmal Mücken zu Schaden gekommen sind.

Zwischenzeitlich schaltet das Navi wieder in den Adventure-Modus. Straßen die keine 2 Meter breit sind und man gefühlt wieder durch die Hinterhöfe von privaten Häusern fährt. So richtig gut sind die Straßen dann auch nicht und ich freue mich wirklich über jeden Zentimeter Federweg den die Gabel so bietet. Ich denke so bei mir „die werden die Haltung für die Motorradkoffer schon unter viel schlimmeren Bedingungen getestet haben. Das wird schon halten.“ Der Teil ist wirklich nur kurz. Und die Aussicht ist trotzdem toll. Hier fährt keiner und man kann die Berge hinunter in die Dörfer sehen. Mal so eine halbe Stunde so fahren passt gut in die Abwechlung des Tages.

Dabei belasse ich es heute erst einmal. Morgen steht ein großes Stück flaches Italien an, bevor ich wieder an die Küste komme und es wieder spannendere Strecken geben sollte. Schauen wir mal, wie das Wetter Morgen so aussieht.

cheers.
Sebastian

1 thought on “ Tag 1 – Regen, Schnee, Nebel, Leberkäse ”

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